Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 155 157

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Von der 1175 gegründeten Kirche S. Benedetto kann ebenfalls erst weiter unten die Rede sein, da sie später einem vollständigen Neubau unterworfen ward; sie führte anfangs den Namen des Erzengel Michael, unter dessen Kloster in Brondolo sie mit stand; nach Zerstörung dieses Klosters wurde die Kirche dem Augustinerkloster S. Spirito in Chioggia zugetheilt, bis sie endlich 1437 selbstständig ward.
Ehe wir nun zu den zu Ende des 12. Jahrhunderts begonnenen in ihrer Architectur grösstentheils dem 13. Jahrhundert angehörigen Kirchen übergehen, dürfte es wohl an der Zeit sein, noch einiger an S. Marco befindlicher Arbeiten zu gedenken, die vielleicht aus jener Zeit herrühren, wo Papst Alexander in Venedig ein Asyl fand und Venedig in seine kirchlichen Kämpfe, verwickelt, dadurch aber und durch andere auswärtige Kämpfe zwar bedeutend an Ruhm gewann, jedoch in allen seinen Hilfsmitteln so angestrengt wurde, dass das Volk bedrohliche Stimmung blicken liess und die Dogen Vitale Michieli und Ziani sich genöthigt sahen, zur Beschwichtigung der grossen Masse umfängliche Verschönerungsarbeiten an S. Marco und dem zugehörigen Platze vornehmen zu lassen.
Ueber die Einzelnheiten dieser Arbeiten sind uns leider genauere Nachrichten nicht aufbewahrt, und müssen wir uns daher lediglich an die Anschauung halten; man weiss nämlich, dass Nicola Barattieri (s. S. 140) Werkmeister an S. Marco war, kann also füglich alles das, was Aehnlichkeit mit seinen Arbeiten an den Säulen der Piazzetta zeigt, sowie das, was augenscheinlich der in jener Zeit beginnenden Uebergangsperiode vom Italienisch-Byzantinischen zu dem Venetianisch-Gothischen angehört, als unter oder kurz nach ihm gefertigt betrachten.
Zunächst würde wohl hier zu erwähnen sein die Vollendung der Kapelle S. Isidoro, an welcher bis in das 13. Jahrhundert hinein gearbeitet wurde (das Nöthige davon haben wir schon S. 138 gesagt), sowie an der westlichen Vorhalle, namentlich an deren Auszierung mit Mosaik an Gewölbe und Fussboden, wofür namentlich der zum Andenken an die Versöhnung Papst Alexanders mit Barbarossa in das Muster des Mosaikfussbodens eingesetzte rothe Stein spricht, so dass also an diesem Fussboden über hundert Jahre gearbeitet wurde (s. S. 69). Ferner scheint zu jener Zeit der südliche Arm des Vestibulanbaues begonnen worden zu sein, und zwar gleich anfangs nicht als Theil des Vestibuls; aus der schon Seite 73 erwähnten Oxforder Miniaturzeichnung geht hervor, dass die Vorhalle auf dieser nördlichen Seite eine Thür mit Eselsrücken hat. Da nun diese Zeichnung erst dem 14. Jahrhundert angehört, so muss man allerdings glauben, dass der ganze südliche Anbau erst dieser Zeit angehört; aber dabei geräth man

 

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