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mit feinen Steinen, Marmorsäulen etc., die der Doge aus Sicilien einführte, verziert. Im Jahre 976 (S. Seite 45) brannte diese Kirche wieder ab, wurde aber sogleich wieder und zwar mit noch grösserer Pracht denn zuvor, wahrscheinlich aber immer noch grösstenteils aus Holz aufgebaut. In mehreren alten Chroniken findet sich nämlich bei Erzählung des Beginns am Neubau unter dem Dogen
Domenico Contarini im Jahre 1043 ausdrücklich die Bemerkung, dass derselbe die neue Kirche aus Ziegeln zu bauen habe beginnen lassen. Dieser Bau wurde im Jahre 1043 begonnen und wie es scheint war er unter dem Dogen
Silvio oder
Selvo ums Jahr 1071 schon in der Hauptsache vollendet, so dass man in diesem Jahre die Ausschmückung beginnen konnte. Darauf wenigstens scheint sich mir der Inhalt einer Inschrift zu beziehen, welche früher in das Mosaik des Vestibüls eingefügt gewesen sein soll, sie lautet:
Anno milleno transacto bisque, trigeno, Desuper undecimo fuit facta primo. Selvo liess nun überall nach Säulen, Kapitälen, Ornamenten, sowie auch nach unverarbeiteten Marmoren und andern feinen Bausteinen suchen, um sein Werk zu fördern und die Kirche würdig zu schmücken. Auch die Venetianer selbst fhaten dazu ihr Möglichstes; von nah und fern, aus ihren Besitzungen am Küstenland, ans den Colonien in Griechenland und im Orient, von allen Seiten brachten sie herbei, was sich irgend erkaufen, erbeuten oder auch rauben liess, und legten es am Altare ihres Schutzpatrons nieder; Werke der Antike und der nächstliegenden Zeit, Stücke von heidnischen Tempeln, von altchristlichen Kirchen und muhamedanischen Bauten, Alles war willkommen, wenn es nur aus feinem Material gearbeitet war, eine passende Stelle fand sich schon, es einzufügen in den Juwelenkranz, der sich um den Altar des Evangelisten herumziehen sollte.
So wurde natürlich in den Details der Marcuskirche ein buntes Durcheinander von griechischen, römischen, altchristlichen, byzantinischen, arabischen und selbst vorclassisch asiatischen Formen erzeugt, welches vereint mit der Mischung frühromanischer und byzantinischer Elemente in der Anordnung der Hauptmassen dem Ganzen ein eigenthümlich fremdartiges Gepräge gibt. Trotz dieses Vermengens so heterogener Elemente ist aber doch durch die grossartige einfache Klarheit der Hauptanlage, durch die Verwendung gleichartig prächtigen Materials, durch geschickte Vertheilung der fertig zufliessenden Theile, durch feingefühlte Abwägung der Farbenwirkung, durch kluge Verwendung des Goldes am gehörigen Orte und endlich durch die gleichmässige Einwirkung der Zeit auf die Farben und Formen dieses Baues seine Wirkung eine solche, dass man sie durchaus nicht unharmonisch nennen