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Formationen, vielmehr die Blätter des Weinstocks, des wilden Weins, Distelranken und Pinienäpfel in bunten mannigfachen Verschlingungen; an dem Halsglied, das hier und da an das Kapitäl angearbeitet ist, haben sie theils eckige Perlstäbe, theils umgeschlagene Schrägblättchen, theils blos Rundstäbe. Der Abakus ist ebenfalls mit stehenden oder schrägen Blättern verziert und gleich dem ganzen Kapitäl sehr tief ausgearbeitet. Das Blattwerk der Knäufe steht nämlich bei vielen ganz frei vor der Glocke. Diese Kapitäle nun sind Zeugen eines Suchens nach etwas Neuem und versuchten Lossagens von den traditionellen Formen, um zu etwas Eigenthümlichen zu gelangen; erst später führten diese Versuche zu einer Art Typus, den wir bei vielen der spätern Kapitäle an den Seitenbogen und Nebenflügeln der Vorhalle sowie an der Südseite der Kirche befolgt finden werden.
Im Jahre 1125 wurde am Ende des südlichen Kreuzbaues (s.
L. Fig. 45.) die Kapelle
S. Isidoro eingerichtet.
Die Mosaikgemälde an den Gewölben derselben tragen im Allgemeinen dieselben Vorzüge und Mängel, ganz denselben Typus wie die oben bereits erwähnten alten Mosaiken des Hauptbaues; sie stellen Scenen aus dem Leben des Heiligen, die Ankunft seines Leichnams in Venedig und die zur Feier desselben veranstaltete Procession vor und scheint der Umstand, dass diese letztere sich weniger streng als die andere an byzantinischen Vorbilder lehnen, sondern in Composition und Zeichnung viele italienische Motive enthalten, darauf hinzudeuten, dass auch an diesen Mosaiken sehr lange gearbeitet wurde, indem sich die, wie es scheint im Beginn des 13. Jahrhunderts gearbeiteten Mosaiks in den Nuancen der Composition und Gewandung etc. vollkommen an dieselben anschliessen. Gleich den Mosaiken scheint auch die architektonische Decorirung der Aussenseite, namentlich der obere. Theil aus technischen Gründen sehr langsam von statten gegangen zu sein. Wie wenig nämlich, trotz der vielen und grossen Arbeiten, die in Venedig ausgeführt wurden, die Techniker auf ausserordentliche Fälle gefasst waren, beweisen am besten die beiden Säulen auf der
Piazzetta. Nach
Sansovino und A. soll der Doge
Domenigo Michieli im Jahre 1125 bei seiner Rückkehr aus dem Archipelagus drei Säulenschäfte mit nach Venedig gebracht haben, von denen einer beim Ausladen in das Wasser gefallen sei; die beiden andern lagen lange am Boden, ohne dass Jemand den Muth hatte, ihre Aufrichtung zu übernehmen. Endlich gegen 1170 unter
Sebastian Ziani löste ein lombardischer Architekt, der aber bereits mehrere Jahre sich in Venedig niedergelassen hatte, ein Meister
Nicolo die schwierige Aufgabe. Schon hatten sich die, Säulen gehoben und nur wenig fehlte noch, dass sie lothrecht standen, da