Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 258 260

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Madonna sowie die sie tragenden Engel tragen allerdings in so starkem Maass das Gepräge der lombardi'schen Schule, dass man fast versucht wird, mit Selvativo zu glauben, es sei nicht mehr das ursprüngliche Kunstwerk; bei genauerer Betrachtung aber fanden wir es in einer Weise in die Wand eingefügt, die alle Vermuthungen über ein späteres Einsetzen als müssig erscheinen lässt; auch fanden wir in den rückliegenden Theilen, den Faltentiefen, den hintern Flügeln und Armen zweier der Engel etc. manche starke Reminiscenz an die Bonische Schule, so dass wir annehmen müssen: diese Madonne sei allerdings noch die alte, aber im Lauf des 15. Jahrhunderts, vielleicht wegen geringer beim Ausbau der Kirche daran gekommener Beschädigungen, von einem Mitglied der lombardi'schen Schule überarbeitet. Dem sei aber wie ihm wolle, jedenfalls ist dieses Grab sammt der Madonne ein Beweis, dass der Bau der Kirche S. Maria dell' Orto im Jahr 1390s. bereits so weit vorgeschritten war, dass man darin begraben konnte, dazu aber musste sie bereits geweiht sein und um geweiht zu werden, musste sie bereits ein Dach haben; wenn nun auch die Decoration der Vorderfaçade in vielen Stücken das Gepräge des 15. Jahrhunderts trägt, so können wir doch nicht glauben, dass sie ganz jener späteren Zeit angehört; in der Hauptsache ist es jedenfalls noch der 1371 unter Tiberio von Parma begonnene Bau, welcher allerdings im 15. Jahrhundert erst vollständig decorirt worden sein mag, ohne jedoch die alte Hauptdisposition zu verändern, welche an die von S. Stefano erinnert. Auf diese Decoration der Façade kommen wir daher seiner Zeit zurück.
Im Jahr 1390 konnte auch, wie bereits S. 173 erwähnt, der Bau von S. Giovanni e Paolo mit neuen Kräften wieder angegriffen werden ; bei Beginn dieser Bauten scheint man noch dem ursprünglichen Plane gefolgt zu haben. Bald aber verliess man ihn, vielleicht um schneller zur Vollendung zu gelangen, die denn auch 1430 erfolgte; auch diese Arbeiten können erst weiter unten besprochen werden.
Die Monumente im Innern der Kirche aus den Jahren 1394 und 1400, dem Jacobo Cavalli und Antonio Venier geweiht, welche den Masegne angehören, wurden schon oben bei den "Werken dieser Meister besprochen.
7) Aus dem Jahr 1405 soll die Reiterstatue des Paolo Savello neben der Sakristeithür von S. Maria aï Frari (S. Fig. 53 bei 16) stammen. Dieselbe ist von Holz und vergoldet gewesen. Das Pferd lässt manches zu wünschen übrig, der Kopf des Reiters jedoch zeugt von bedeutendem Talent zur Darstellung geistigen Ausdrucks, während der Körper in seiner Bewegung ganz den übrigen Figuren der Buon ent-

 

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