Die Rezeption der Architektur Andrea Palladios im venezianischen Palastbau der Folgezeit

 
Konnte Palladio selbst keine Paläste in Venedig realisieren, so baute er doch einen große Anzahl Villen für Venezianer. Genannt seien nur die Villa Emo (1558) in Fanzolo di Vedelago bei Treviso und die Villa Barbaro Volpi (1554) in Maser. Ein Einfluß Palladios auf die venezianische Palastarchitektur ist in der unmittelbaren Folgezeit nicht zu erkennen. Stattdessen wird das in Venedig wohl erstmals am Palazzo Zen eingesetzte sogenannte Serlio-Motiv, ein von zwei Kolonnaden flankierter Rundbogen, zum beliebten Motiv der venezianischen Renaissance. Erst im venezianischen Neoklassizismus besinnt man sich wieder auf den großen Baumeister der Renaissance.
Die Herkunft des heute überdachten Innenhofs des Palazzo Grassi (1748-1768) aus dem zweiten Buch der "Quattro Libri" Palladios kann nicht geleugnet werden, auch wenn statt Palladios ovalem Treppenhaus bei Massaris Großpalast ein monumentales zweiläufiges Stiegenhaus errichtet wurde. Nicht nur im Innenhof und dem androne des Wasserzugangs, sondern auch in der Fassade des Palazzo Grassi, namentlich im zweiten piano nobile mit dem alternierenden Segment- und Dreiecksgiebeln sind die palladianischen Referenzen - diesmal an vicentinische Stadtpaläste wie den Palazzo Chiericati - deutlich, wenn auch in entscheidenden Details wie der Position der Balkone eigenständige Lösungen gefunden wurden. Eine palladianische Grundrißlösung, der Viersäulensaal (ebenfalls zweites Buch), kommt im Erdgeschoß von Andrea Tiralis Palazzo Manfrin (1724-1731) vor. Der venezinanische portego, der auch beim Palazzo Grassi fehlt, ist bei diesem Palast durch einen Ballsaal ersetzt. Die sonstige Architektur des Baus mit ihrem bis heute befremdlichem nahezu vollständigen Verzicht auf Bogen und Säulenordnungen besitzt allerdings keine spezifisch palladianischen Elemente
Auch in Bauten mit ausgelagerten Palastfunktionen wie den casini wurde Palladio vorbildlich. Insbesondere im letzten Werk des Architekten Tommaso Temanza, dem als Bibliothek ausgebildeten casin des Palazzo Zenobio mit ionischer Vorhalle und korinthischer Ordnung mit Dreiecksgiebel im zurückspringenden Obergeschoß ist der Bezug auf Villen wie der Villa Corner Gable klar zu erkennen.

Literatur

 

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