Entwürfe von Andrea Palladio für Paläste in Venedig

 
Zwei Entwürfe des Baumeisters Andrea Palladio (1508-1580) für Paläste in Venedig sind in seinem architekturtheoretischen Hauptwerk, den Quattro Libri dell'Architettura (1570) überliefert. Während er mit Il Redentore, San Giorgio Maggiore und der Fassade von San Francesco della Vigna wohl die bedeutendsten Beispiele des Sakralbau der Renaissance in Venedig schuf, blieben seine palazzi für Venedig und auch seine Rialto-Brücke auf dem Papier. Bei beiden Entwürfen wird, anders als bei seinen in den Quattro Libri abgebildeten Vicentiner Stadtpalästen, der Name der jeweiligen Auftraggeber nicht genannt. Zu Beginn des Kapitel 17 der Quattro Libri beschreibt er einen Entwurf für einen Bauplatz von pyramidenähnlicher Form unter Anwendung der drei Säulenordnungen dorisch-ionisch-korinthisch für die Fassade. Allerdings wird nicht erwähnt, auf welchen Ort sich die Planung bezieht. So vermutete A. Foscari in einem Aufsatz, der Entwurf sei für den Neubau der beiden mittleren Palazzi Mocenigo bei San Samuele gedacht gewesen, zumal in einem Stich von A. Zucchi die Paläste einschließlich der sog. Casa Nuova mit Architettura di Andrea Palladio betitelt werden. Mittels einer Superposition des tatsächlich ausgeführten Grundrisses und des Entwurfs kommt Foscari tatsächlich zu manchen Parallelen, jedoch sind damit (1) die schräg zu den Wänden des sog. portego (zentralen Saales) angeordneten Fassaden, (2) die seitlich angeordneten Treppenhäuser sowie (3) die Tatsache, daß es sich bei den ausgeführten palazzi um zwei im Grundriß distinkte Gebäude handelt, der Palladio-Entwurf hingegen zwei piani nobili vorsieht, nicht zu erklären. Plausibler erscheint bereits die in der Forschung allgemein akzeptierte Hypothese, der Entwurf beziehe sich auf den Palazzo Grimani bei San Luca, der ab 1550 von Michele Sanmicheli errichtet wurde.
Einem neueren Beitrag der Forschung zufolge (s. Literatur) war der Entwurf gleichwohl weder für die Grimani, noch für die Mocenigo, sondern stattdessen als Ersatz für den gotischen Palazzo Contarini degli Scrigni/Corfu gedacht. Grund ist neben der nahezu perfekten Übereinstimmung des Grundtückszuschnitts die Tatsache, daß die Bauherren - die Contarini von San Trovaso - Auftraggeber der villa Contarini Camerini in Piazzola sul Brenta waren, deren Kernbau aus dem 16. Jahrhundert mit guten Gründen Palladio zugeschrieben wird. Der zweite Entwurf wird eindeutig als für einen Bauplatz in Venedig bezeichnet und sieht ebenfalls die Anwendung der drei Säulenordnungen vor. Die seitlichen Zimmer sollten Gewölbe aufweisen, der Palast zudem unterkellert (sic!) sein. Die Vermutung, daß es sich um einen Enwurf für die Ca'Corner della Ca'Grande handelt, die aber schließlich von Jacopo Sansovino gebaut wurde, ist aufgrund des Zuschnitts des Bauplatzes kaum anzuzweifeln.
Was die Fassaden wie auch den Grundriß betrifft, so entsprechen die Vorstellungen Palladios nicht der damaligen venezianischen Baupraxis. Die Qualität der Grundrisse ist allerdings unstrittig. Das klassisch-venezianische dreiteilige Schema mit zentralem portego, das besonders im Grundriß verpflichtend war, wurde in Palladios Entwürfen vollständig aufgegeben; die Dreiteiligkeit der Fassaden mit zentralen Loggien wich einer streng parataktischen Fassadengestaltung mit Mittelrisalit. Eben jene Dreiteiligkeit war allerdings bis in den Wohnungsbau der venezia minore hinein normativ, Palladios Lösungen konnten sich - auch wegen realitätsferner Vorstellungen wie Unterkellerung - nicht durchsetzen.
Ca'Grimani
Entwurf Palladios für den
Palazzo Contarini a San Trovaso
Ca'Corner
Entwurf Palladios für den
Palazzo Corner a San Maurizio

Palladio Rezeption der Architektur Andrea Palladios im venezianischen Palastbau

Literatur

 

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