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Madonna sowie die sie tragenden Engel tragen allerdings in so starkem Maass das Gepräge der lombardi'schen Schule, dass man fast versucht wird, mit Selvativo zu glauben, es sei nicht mehr das ursprüngliche Kunstwerk; bei genauerer Betrachtung aber fanden wir es in einer Weise in die Wand eingefügt, die alle Vermuthungen über ein späteres Einsetzen als müssig erscheinen lässt; auch fanden wir in den rückliegenden Theilen, den Faltentiefen, den hintern Flügeln und Armen zweier der Engel etc. manche starke Reminiscenz an die Bonische Schule, so dass wir annehmen müssen: diese Madonne sei allerdings noch die alte, aber im Lauf des 15. Jahrhunderts, vielleicht wegen geringer beim Ausbau der Kirche daran gekommener Beschädigungen, von einem Mitglied der lombardi'schen Schule überarbeitet. Dem sei aber wie ihm wolle, jedenfalls ist dieses Grab sammt der Madonne ein Beweis, dass der Bau der Kirche S. Maria dell' Orto im Jahr 1390s. bereits so weit vorgeschritten war, dass man darin begraben konnte, dazu aber musste sie bereits geweiht sein und um geweiht zu werden, musste sie bereits ein Dach haben; wenn nun auch die Decoration der Vorderfaçade in vielen Stücken das Gepräge des 15. Jahrhunderts trägt, so können wir doch nicht glauben, dass sie ganz jener späteren Zeit angehört; in der Hauptsache ist es jedenfalls noch der 1371 unter Tiberio von Parma begonnene Bau, welcher allerdings im 15. Jahrhundert erst vollständig decorirt worden sein mag, ohne jedoch die alte Hauptdisposition zu verändern, welche an die von S. Stefano erinnert. Auf diese Decoration der Façade kommen wir daher seiner Zeit zurück.