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breit und sicher; jedenfalls rührt auch dieses schöne Relief von unserem Meister her und nicht wie
Cicognara will, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Dazu ist der Styl nicht leicht genug, und namentlich können wir uns nicht dazu bequemen, es mit
Cicognara für eine Arbeit des Pirgotele zu halten, dessen Faltenwurf und ganze Arbeitsmanier bei weitem weicher, aber weniger ausdrucksvoll und dabei naturalistischer waren, als die unsrer Künstler, von deren Schülern vielleicht auch die Thür zu dem
Campo v. S. Zacharia, von der wir oben S.
241 sprachen, herrühren kann, deren architectonische Anordnung wenigstens auf Einfluss der
Masegne hinzudeuten scheint, wenn auch das Basrelief viel zu schlecht für ihren Meissel ist.
9) Die bedeutendsten Arbeiten der
Masegne sind jedenfalls die, welche sie für die Markuskirche ausführten. Wie wir schon bei der ersten Besprechung dieser Kirche erwähnten, ist der hohe Chor derselben vom Schiff durch einen Lettner getrennt. Die Stellung dieses Lettners erhellt deutlich aus dem Grundriss Fig. 45 S.
155. Es sind im Ganzen acht Säulen, welche sieben Intercolumnien bilden; die mittelste ist etwas breiter und bildet eine Thür; rechts und links stehen Brüstungsfelder zwischen den hohen Postamenten der Säulen; das Ganze ruht auf der Vorderwand der Crypta, welche nach dem Schiff zu mit Halbsäulchen und kleinen Rundbogen verblendet ist; diese Verblendung scheint schon von der Erbauungszeit herzurühren, Brüstung und Lettner jedoch aus dem Ende des 14. Jahrhunderts; die Säulen sind ziemlich kurz, haben keine Verjüngung und tragen auf niedrigen, mit krausem Blattwerk besetzten Capitälen einen niedrigen Sims; auf diesem steht über jeder Säule und über der Mitte jedes Intercolumniums ein ziemlich niedriges Postament, so dass zu jeder Seite sieben solche Postamente stehen; die Postamente sind durch eine schwächere Brüstung von gleicher Höhe verbunden ; auf diesen vierzehn Postamenten nun erheben sich ebenso viele Figuren, welche authentischen Nachrichten zu Folge von
Jacobello und
Pietro Paolo dalle Masegne gefertigt und, jedenfalls schon viel früher begonnen, im Jahr 1394, laut Inschrift, aufgestellt wurden. Gegenstand der Darstellung ist
S. Marco, die Madonna und die zwölf Apostel. Fast alle diese Figuren zeigen Spuren von pisanischem Einfluss, namentlich in der oft fast an das Affectirte streifenden Bewegung der Köpfe und Oberkörper; sie haben so viel Bewegung, als die Künstler bei den ziemlich schmalen Postamenten ihnen nur irgend geben konnten, ohne die strengen Giengen der zartesten Schicklichkeit irgendwie zu verletzen. In der unverbrüchlichen Einhaltung dieser Grenzen könnte man fast germanischen Einfluss vermuthen, denn die Bewegung, obgleich hier und da ziemlich lebhaft, verlässt doch niemals das Gebiet einer gewissen zurückhaltenden