Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 235 237

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Blumen. Das Ganze erscheint in der durch das Alter noch anziehender gewordenen Polychromie des bunten Marmors und der ungesuchten Asymmetrie höchst malerisch und das Anschauen dieser Façade erweckt schmerzliches Bedauern darüber, dass die Restauration derselben nicht in die Hände eines tiefer in den Styl eingeweihten Mannes gelegt ward und dass bis jetzt noch keine richtige Abbildung davon dem Publikum vorgelegt worden ist. Die in Cicognara's Prachtwerk*) gegebene ist ebenso mangelhaft, wie die des Dogenpalastes in demselben Werk; das wäre nun ganz erklärlich, denn als Cicognara dieses Werk herausgab, verstand man in Venedig noch nicht, vollständig mittelalterliche Bauwerke richtig zu zeichnen, aber in dem 1855 in Berlin bei Ernst & Korn erschienenen Sammelwerk: Die kunstgeschichtlich merkwürdigsten Bauwerke etc. sind Blatt XXIX die beiden Gebäude nach Cicognara dargestellt und zwar mit allen Fehlern jener ältern Darstellungen ; ja bei der Cá d'oro geht die Fehlerhaftigkeit der Darstellung so weit, dass auf der linken Seite der Hallen die rechts stehende Anordnung sich wiederholt, was in der Wirklichkeit keineswegs der Fall ist. Ferner ist der Hauptsims ganz stylwidrig verändert, das ganze Höhenverhältniss gedrückt etc. Dieselbe schlechte Wiedergebung findet sich im grossen Prachtwerke von Guhl und Lübke. Etwas besser, jedoch immer noch fehlerhaft genug ist die in der Rombergischen Bauzeitung, Jahrgang 1851, Tafel 1 gegebene Abbildung; da wir die Zeichnung des Herrn Hofbaumeister B. Krüger in Dresden, nach welcher diese Tafel gefertigt ist, mehrmals in Händen hatten, können wir unsern Lesern versichern, dass die Fehler, die sie aufzeigt, und die sich hauptsächlich auf missverstandene Darstellung des Blattwerks, Härte in den Profilen etc. erstrecken, in jener ganz vorzüglichen und auf peinlich gewissenhafter Ausmessung im Jahre 1846 basirten Zeichnung durchaus nicht zu finden waren, also hauptsächlich von demjenigen verursacht zu sein scheinen, der die Zeichnung behufs des Stiches auf die Platte übertrug. Eine Vergleichung beider oben erwähnter Darstellungen wird unsern Lesern ein äusserst interessantes Resultat geben, indem sie daraus ersehen werden, wie verschieden man dasselbe Gebäude im 19. Jahrhundert darzustellen vermag.**)
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*) Fabbriche e monumenti conspicui di Venezia 1840.
**) Dem, was wir über dasselbe gesprochen, Hegen folgende Quellen zu Grunde: 1) eine genaue Copie jener ganz vortrefflichen Zeichnung des Herrn Hofbaumeister Krüger; 2) unsere eigenen Ausmessungen aus dem Jahre 1851; 3) die Ausmessungen und Scizzen zweier verehrten Freunde, des Herrn Architect Robert Wimmer in Leipzig und Herrn Architecturmaler Theodor Choulant in Dresden aus dem Jahre 1850.

 

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