Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 228 230

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profilirt, ohne einen Rundstab als Hauptglied zu haben; das Fenstermaasswerk weicht etwas davon ab; in reinem Spitzbogen sitzen zwei Eselsrücken mit einem Vierblatt im Kreis zwischen sich, zu den Seiten bilden sich Schneusen zwischen den Hauptbogen und den Eselsrücken; alle Nasen sind durch Durchbrechungen von ihren Hauptlinien gelöst; dies ist germanisch , aber die Anordnung selbst und die Profilirung mit Rundstab als Mittelglied ist rein venetianisch.
Aus derselben Schule, allerdings von einem weniger geübten Mitglied derselben, rührt der Giebel über dem schmalen Eingang einer Gasse beim Ponte del Paradiso her, bei welchem aber die Bildhauerarbeit eine so hervorragende Rolle spielt, dass wir erst bei Besprechung der Sculpturen jener Zeit darauf zurückkommen werden. Ganze Bauwerke dieser Schule trifft man überhaupt in Venedig nicht an, immer nur einzelne Theile an Gebäuden andrer Richtungen, namentlich am Pal. Contarini-Fasan, an der Ca d'oro, der Abbazzia della Misericordia, S. Giovanni e Paolo, S. Maria dell' Orto etc. zeigen solche germanisirende Anklänge; auch die beiden Pal. Giustiniani haben solche Fenstermaasswerke.
ad 4) Der obere Pergolo der Cá d'oro, sechstheilig mit ziemlich niedrigem Maasswerk s. unten, wo die Cá d'oro eingehende Betrachtung finden wird.
Der Oberbau des Pal. Foscari, wahrscheinlich um 1438 gemacht, hat in der Mitte einen viertheiligen Pergolo mit sich durchkreuzenden Eselsrücken. Diese Form des Maasswerks ist jedenfalls diejenige, welche sich für die Pergoli am besten eignet, sich der Eselsrückenform am besten anschmiegt und ohne Inconvenienzen an die winkelrechte Form der Umfassung anstösst. Ueber jeder Säule entsteht eine Raute mit eingebogenen Seiten, in welche ein spitzes Vierblatt ganz organisch passt. Dass für Fenster diese Maasswerksform besser passt, als die vorhergehenden, das sieht man aus Fig. 63, welche ein Fenster des Pal. Foscari gibt; noch ist zu bemerken, dass man um jene Zeit die Ecksäulen entweder viergeflochten darstellte, oder ganz glatt Hess, einfach gewundene kommen selten vor, jedenfalls aber aus blossen Rundstäben gewundene am allerseltensten; solche gehören in der Regel der Zeit vor 1370 an.
ad 5) Casa Ferro, unweit vom Eingang des grossen Kanal, S. c Maria Salute gegenüber, neben Pal. Contarini-Fasan, zum grössten Theil kahl modernisirt, hat im zweiten Geschoss einen viertheiligen Pergolo, dessen ziemlich hohe Säulen reine Spitzbogen mit Nasen tragen, über deren Scheitel sich direct der Einfassungszahnschnitt hinzieht. Bei dem Pergolo sieht diese Decorationsweise geradezu schlecht aus, bei den daneben stehenden Fenstern (zwei zu jeder Seite) geht es noch eher, aber auch hier ist das Getragene zu niedrig gegen das Tragende; nur

 

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