Scuola Grande di San Rocco

 

Canaletto
Canaletto: Besuch des Dogen in der Scuola di San Rocco, um 1735

Die Baugeschichte des Neubaus der Scuola Grande di San Rocco im frühen 16. Jahrhundert ist eine verwickelte. Die alte Scuola (Scoletta), ein kürzlich restauriertes bescheidenes Häuschen, existiert am selben Platz bis heute fort, wird aber zwischen den gewaltigen Baumassen der Scuola Grande, der Kirche San Rocco und des Chors von Santa Maria Gloriosa dei Frari kaum wahrgenommen. Die Bruderschaft des Pestheiligen erlebte im 16. Jh. durch das Wüten der Seuche in Venedig naturgemäß einen Aufschwung, und architektonisch wollte man an die großen Scuole des späten 15. und frühen 16. Jh., der Scuola Grande di San Marco und der Scuola Grande di San Giovanni Evangelista, nicht nur Anschluß finden, sondern sie übertreffen.

1517 erhielt Bartolomeo Buon II den Auftrag für den Neubau und wurde zum Bauleiter der Scuola ernannt. Doch bereits 1524 wurde er durch Sante Lombardo ersetzt. Auch bei diesem führte die stetige Einflußnahme der verschiedenen Instanzen der Scuola zu Konflikten. Sante wurde 1527 entlassen, und an seine Stelle trat Antonio Abbondi, genannt Scarpagnino, der bis zu seinem Tode 1549 den Bau leitete.

Die Fassade ist wie jene der Scuola Grande San Marco asymmetrisch. Buon errichtete das Erdgeschoß bis zum Gebälk. Es kommen Biforien mit Oculus zum Einsatz; ein Motiv, das bereits von Codussi verwendet wurde. Die Säulen vor den Pilastern entstanden nach 1536, als ein Umbau genehmigt wurde, dessen Motivation in einem verworfenen Projekts Sansovinos für die konkurriende Scuola Grande della Misericordia zu sehen ist. Die fünf, von einem Dreiecksgiebel bekrönten Doppelfenster nivellieren die Differenzierung zwischen der Sala del Albergo und des Kapitelsaals, wie sie an der Fassade der Scuola Grande di San Rocco noch deutlich hervortrat. Da die zweiten Achse von links mit dem Portal im Erdgeschoß etwas breiter ist, wurden im Obergeschoß zwei Säulen zwischen den Rundbogenfenstern verwendet. Während im Erdgeschoß noch Marmorstreifen mit Porphyrtondi die Fenster rahmen, ist die Polychromie des Obergeschosses zurückhaltender. Sante Lombardo wird die Rückfassade mit Portikus im Erdgeschoß zugeschrieben.

Die Decke des dreischiffigen Erdgeschoß-Raumes der Scuola wird von kannellierten Säulen auf achteckigen, inkrustierten Postamenten getragen. Da die erste Treppenanlage den Gremien der Scuola, deren Repräsentationsbedürfnis stetig wuchs, nicht mehr angemessen erschien, wurde sie ab 1544 durch die bis heute fortbestehende Treppe mit drei Rampen ersetzt. Durch Giorgio Fossati wurde das Treppenhaus im 18. Jahrhundert mit einer Schatzkammer aufgestockt, die Fresken der Kuppel stammen von Giovanni Antonio Fumiani.

Ovale sind ein Grundmotiv der Holzdecke des Kapitelsaals. Der Entwerfer nicht bekannt. Die Scuola besitzt eine hervorragende malerische Ausstattung von Jacopo Tintoretto. Der bald nach 1600 begonnene Altar im Obergeschoß stammt von Francesco Smeraldi oder Tommaso Contin und wurde erst 1642 fertiggestellt.

Westlich angrenzend an die Scuola wurde von der derselben das Castelforte, ein Komplex von Wohnungsbau für die Mittelklasse, errichtet. Der auf den Bildern von Canaletto noch erkennbare Abschluß des Campo San Rocco durch eine Mauer zwischen Scuola und gleichnamiger Kirche wurde im 19. Jh. entfernt, als man eine Verbindung zum Bahnhof schuf. Tafuri beschrieb die Einheit von Scuola, Scoletta, Kirche und Castelforte als Republicchetta. Dabei wird aber nicht auf die römische Formensprache der Renovatio Urbis während des Dogats von Andrea Gritti zurückgegriffen, sondern auf lokale Vorbilder rekurriert.

Ab 1880 wurde der Bau durch Pietro Saccardo restauriert.

Die Bruderschaft des Hl. Rochus ist die einzige der Scuole Grandi, welche nicht ab 1806 säkularisiert wurden, und besteht noch heute fort. Die Scuola kann besichtigt werden und dient bisweilen auch als Veranstaltungsort für Konzerte.

Literatur

 

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