Ponte di Rialto

 

Historischer Abriß

Ponte di Rialto um 1500
Die Rialtobrücke in der Jacopo de'Barbari zugeschriebenen Stadtansicht "Venetie MD" um 1500

Die Geschichte von Venedigs bekanntester Brücke reicht weit zurück. Sie befindet sich am Handelszentrum Venedigs, dem Rialto, und verbindet die beiden Ufer des Canal Grande. Nordwestlich der Brücke befindet sich die Kirche San Giacomo di Rialto, die angeblich die älteste Kirche Venedigs ist. Ein präzises Datum, wann die erste Rialto-Brücke gebaut wurde, läßt sich nicht eruieren. Eine Chronik von Giovanni Diacono erwähnt um das Jahr 1100 noch keine Brücke; Die Chronica per extensum descripta von Andrea Dandolo teilt mit, daß unter dem Dogen Renier Zeno im Jahre 1246 eine erste Holzbrücke errichtet worden wäre. Die Bedeutung der Brücke, die erstmals die Teilung der Stadt durch den Canal Grande in zwei Teile, de citra und de ultra überwand, wird durch den Chronisten sprachlich besonders hervorgehoben. Die Forschung (Morachiello) vermutet, daß die Bauzeit zwischen 1200 und 1250 anzusetzen ist. Für das gesamte dreizehnte Jahrhundert sind in den Akten keine Renovierungsmaßnahmen des Bauwerks nachweisbar. Erst 1432 wird für die hohe Summe von rund 2330 Dukaten die Rialtobrücke wenigstens teilweise abgebrochen und refatto da novo. Die finanzielle Lage der Serenissima war aufgrund der Expansionspolitik im Mittelmeerraum nicht unproblematisch. So beschloß der Große Rat 1458, die Brücke solle desfatto e refatto da novo und mit botteghe, also Läden partiell überbaut werden. Dagegen regte sich Widerstand, wenigstens eine loggia magna solle aus Imagegründen in der Mitte der Brücke nicht überbaut werden. Die botteghe wurden dennoch errichtet und die Grunddisposition der Brücke mit drei parallelen Wegen und Ladenstraßen damit festgelegt. Die jährliche Rendite eines Ladens betrug bis zu dreißig Dukaten. Um eine Durchfahrt des bucintoro, des Prachtschiffs des Dogen, zu ermöglichen, konnte der Mittelteil hochgezogen werden - eine loggia magna, wie von manchen gefordert, war dies allerdings nicht. In der Folgezeit wurde die Rialtobrücke im Rhythmus von rund 25 Jahren immer wieder renoviert, dennoch verschlechterte sich der Zustand des hölzernen Baus gegen die Jahrhundertwende immer weiter.

Rialto
Ausschnitt aus der "Heilung eines Besessenen" von Vittore Carpaccio (1497) mit der hölzernen Ponte di Rialto

Die erste größere Steinbrücke in Venedig war die Ponte dei Tre Archi (1507) über den Canale di Cannaregio, deren Bau durch eine bereits 1471 erfolgte testamentarische Stiftung des Dogen Cristoforo Moro ermöglicht worden war und die die Kirche San Giobbe besser erschloß. Noch heute existiert an derselben Stelle eine dreibogige Steinbrücke, die materiell allerdings späteren Datums ist. Etwa zur selben Zeit errichtete der aus Verona stammende Dominikanermönch Fra Giocondo (Jocundo Veronexe) in Paris eine neue Pont Notre-Dame aus Stein, deren Bau den Venezianern nicht verborgen blieb. Obwohl man sich schon 1507 grundsätzlich entschlossen hatte, eine neue Steinbrücke zu errichten, wurde die hölzerne Rialtobrücke, die auch vom verheerenden Rialtobrand von 1514 nicht verschont geblieben war, noch 1524 erneut saniert. Verschiedene Baumeister, darunter Scarpagnino und der am Neubau des Fondaco dei Tedeschi beteiligte Fra Giocondo, legten Modelle für eine neue Rialtobrücke vor. Am 15. August 1524 stürzte ein großer Teil der östlichen Rampe ein. Auch dies führte nicht zu einem Neubau, vielmehr wurde in der Folge der Bau repariert. Im Mai 1532 waren die Sanierungsmaßnahmen beendet.

Die zögerliche Haltung in Bezug auf den Neubau der Rialtobrücke ist dabei nicht aus der finanziellen Lage zu erklären, sondern vielmehr aus der offenen Frage, in welcher Form der Neubau entstehen sollte. Die Folgezeit war geprägt von immer neuen Vorschlägen und personellen Wechseln. 1537 forderte Alvise Donà ein Modell einer Brücke nach römischem Vorbild an, die wenigstens aus zwei Bogen bestanden hätte. 1529 bat der Doge Andrea Gritti Michelangelo um einen Entwurf. Der Baumeister Pietro di Gubarni schlug 1547 eine einbogige neue Holzbrücke vor. Aus demselben Jahr stammt ein Entwurf von Jacopo Barozzi da Vignola, der drei elliptische steinerne Bogen vorsah. Auch Jacopo Sansovino sprach sich für einen neue Brücke in Stein aus. Einbogige und mehrbogige Architekturen waren erst mit der Errichtung einer einbogigen Brücke aus Natursteinüber den Canale di Cannaregio bei San Geremia im Jahre 1580 untereinander vergleichbar geworden. Durch den Einsturz mehrerer Häuser mit Ladengeschäften am Ostufer des Rialto im Jahre 1587 gewann das Neubauprojekt eine neue Dynamik, wurden doch die jeweiligen Grundstücke wurden nicht neu überbaut. Entwürfe wurden nun von Bonaiuto Lorini, Guglielmo de Grandi, Giacomo de Guberni sowie dem vice-proto alle acque Antonio da Ponte angefordert. Nur der Entwurf des letzteren sah anfangs noch drei Bogen vor. Da Ponte präsentierte schließlich ein großes, farbig gefaßtes Holzmodell, das auch das weitere Umfeld bis zum Campo San Bartolomio mit einschloß.
Am 5. Dezember 1588 bestimmte der Senat mit großer Mehrheit drei provveditori sopra Rialto - Alvise Zorzi, Marcantonio Barbaro, Jacopo Foscarini - die sich mit der Ausführung beschäftigten.

Die heutige, zwischen 1588 und 1591 schließlich nach einem neuen Entwurf von da Ponte und unter hohen Kosten errichtete Rialtobrücke präsentiert sich als Einbogenbrücke mit zwei Ladenreihen, welche sich nur zum mittleren, etwas breiteren Weg hin öffnen und nach außen durch Holzverschläge geschlossen sind. Drei (!) Rampen verbinden die Uferwege mit den Aufgängen, die zu einer Plattform am Scheitelpunkt hinführen, welche mittels eines überhöhten und von jeweils einem Segmentgiebel bekrönten Bogen die innere Ladenstraße mit den äußeren Aufgängen verbindet. Die mit flacher Rustika an den sechs Bogen der Ladenreihen nur wenig belebten Wandfächen gehen durch die Verwendung eines kleinteiligen Gesimses weich in das Dach über, welches einen flachen segmentbogenförmigen Querschnitt aufweist und am unteren Ende muldenförmig zuläuft. Die Landenreihen wirken - im Gegensatz zu jenen in Entwürfen Palladios - als echte Aufbauten auf einer stark profilierten Unterkonstruktion, bei der besonders das auf kräftigen Konsolen ruhende Gesims mit Geländer sowie die Plastiken an den Seiten zur Plastizität beitragen. Die Tektonik der Konstruktion wird zusätzlich durch die Verwendung besonders großer Quader istrischen Kalksteins betont, welche rechtwinkelig zum Bogen verbaut sind. Da Pontes Rialtobrücke ist "eher ein Nutz- als ein Repräsentationsbau, den Fabbriche Nuove näher als den Bauten an der Piazza" (N. Huse).
Vier Inschriften in profilierten Kartusche und Wappen weisen auf Pasquale Cicogna hin (reg. 1585 - 1595), der zur Bauzeit Doge war. Aus noch unbekannten Gründen schien hier das Verbot, das Wappen des Dogen außerhalb des Palazzo Comunale (Dogenpalast) darzustellen, nicht gegolten zu haben. An der Seite de citra nach Süden befindet sich ein Madonnenrelief unter einem Dreiecksgiebel.

Rialtobrücke 2005

Mit Recht geht die neuere Forschung davon aus, daß die Architektur nicht allein von da Ponte stammt, sondern maßgeblich durch Vincenzo Scamozzi beeinflußt war. Dieser hatte im Januar 1588 eine Zeichnung einer - dreibogigen - Brücke vorgelegt, welche in der Gestaltung der durchgehenden Geländer und der Differenzierung zwischen Bogen und Aufbauten und der seitlichen drei Rampen bereits auf das schließlich ausgeführte Bauwerk hinwies. Eine anonymer Holzschnitt von 1588 (heute in Vicenza, Biblioteca Civica Bertoliana), angeblich nach Scamozzi, ähnelt bereits in weiten Teilen dem ausgeführten Bau, auch wenn die Plattform hier noch mit einem ganz palladianischen Tempietto mit ionischen Säulen und allegorischen Giebelfiguren versehen ist.

Der größte Mangel besteht im Übergang zum de ultra nördlich angrenzenden Palazzo dei Camerlenghi, einem reich mit istrischem Kalkstein inkrustiertem Bau des frühen 16. Jahrhunderts. Hier mangelte es an Platz, so daß die vierte Aufgangsrampe weggelassen werden mußte und stattdessen eine Schmutzecke entstand. Auch verdeckt der Palast, wenn man sich von Norden der Brücke annähert, einen Teil der Brücke, ohne daß dies wenigstens einen pittoresken Effekt hervorrufen würde.

Bis zur Errichtung der Scalzi-Brücke und der Accademia-Brücke Mitte des 19. Jahrhunderts war sie die einzige feste Verbindung über den Canal Grande.

Bilder der Rialtobrücke

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Foto der Rialtobrücke. Gesamtansicht Plattform Detail des Auflagers Ladenreihe zum Canal Grande Detail Skulptur, Kartusche und Wappen

Literatur

Calabi, Donatella; Morachiello, Paolo: Rialto : le fabbriche e il Ponte ; 1514 - 1591, Torino 1987
Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio (ed).: Vincenzo Scamozzi 1548-1616, Venezia 2003, Kat. 30, 30a, 30b (D. Calabi/A. Hopkins)
Huse, Norbert: Palladio am Canal Grande, in: Städel Jahrbuch NF. VII, 1979, pp. 61-99

 

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