Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 76 78

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und Weise, wie dieser Unterschied vermittelt ist; während nämlich die das Mittelschiff von den Seitenschiffen trennenden Säulenreihen aa im Langbau in der Hauptpfeilerflucht stehen, stehen sie im Querbau bc bc vor derselben und zwar vor den Pfeilern selbst je zwei gekuppelt bb, während nun jene blos die Gallerie mit ihrer Brüstung tragen wiederholen sich diese gekuppelten bb oben an der Gallerie noch einmal und tragen einen schmalen Gurtbogen, dessen Durchmesser dem der Seitenkuppel gleich ist, wie der der breiten Gurte dem der Hauptkuppel entspricht. Die Hauptpfeiler selbst sind an sich auffallend schwach; sie sind aber unter und über der Gallerie, also zweimal durch breite Gurte und kleine Kuppeln unter einander und mit der dahinter liegenden Mauerecke ddec verbunden und dadurch stark genug, den Schub der breiten Gurte über dem Mittelschiff des Lang- und Querbaues und der Kuppeln auszuhalten, namentlich da die Mauerecken noch durch resp. je zwei oder drei mit diesen Pfeilern correspondirende, die Gurte aufnehmende Säulen oder durch vorgelegte Pfeiler verstärkt sind. Die grossen Bogen sind im Halbkreis, unter den kleinen viele in überhobenem Rundbogen gestaltet. Von Vielen ist es zu den besondern Eigenthümlichkeiten des Grundrisses von S. Marco gezählt worden, dass das Baptisterium an der Südseite liege; aber erstens ist es nicht gleichzeitig mit der Kirche und zweitens war S. Marco Jahrhunderte hindurch das, was wir jetzt Hofkirche nennen würden, Burgkapelle der Dogen, die Taufcapelle musste daher auf der Seite nach dem Palast zu liegen. Das Baptisterium scheint im Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut worden zu sein und werden wir daher bei Betrachtung der betr. Periode darauf zurückkommen.
Das Aeussere scheint im ursprünglichen Zustande sehr einfach gewesen zu sein. Glatte Wände mit wenigen kleinen, schmalen Fenstern, bis an die Wiederlagslinie dergrossen Gurtbogen hinaufgeführt, die lichten Oeffnungen dieser Bogen als Lünetten benutzt und mit flachen, oben rund zugewölbten Giebeln bekrönt, das Ganze durch fünf ziemlich flache Kuppeln abgeschlossen. Die Vorhalle dreitheilig, nach den Seiten hin in einer Thür sich öffnend und mit einer Gallerie bedeckt. Die flachen Kuppeln und das ganze Dach scheint sogar, wenn man der Miniaturzeichnung im Oxforder Manuscript Glauben schenkt, von einem Zinnkranz umgeben gewesen zu sein.
Dies waren die Hauptformen des Aeussern, die allerdings jetzt kaum mehr zu erkennen sind; von den Lünetten sind nur wenige noch in ihrer ursprünglichen Gestalt erhalten, einige davon ihrer sämmtlichen Verzierungen zu Gunsten der jetzigen Giebel beraubt, diese aber demzufolge mit so alten Details verziert worden, dass dadurch schon Mancher

 

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