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Ornamentiruug ist neu und ganz lokalgemäss aus der Formation des Seegrases entwickelt, die Arbeit ist accurat und sauber und die vollständige Durchbrechung des beinahe blos vor dem Rumpfe schwebenden Blattwerks zeugt für einen hohen Standpunkt der Technik jener Zeit und für das Bestreben, den Oramenten jenen leichten zierlichen Filigran-Charakter zu geben, welcher die fast gleichzeitigen Arbeiten der muhamedanischen Kunst in Spanien und an der Nordküste Afrika's in so hohem Grade auszeichnet. Beachtenswerth ist noch die Form des Doppelzahnschnitts (S. Fig. 39 u. 40), der von dieser Zeit an bis zu den Cinquentisten fast stereotyp als Einfassung von Archivolten, Feldern, Friessen u. dergl. dient. Ueber den obern Abschluss der in Rede stehenden Façade lässt sich gar nichts sagen, da das darauf stehende dritte Geschoss ganz modern ist.
Aehnliche Fenster, jedoch bei weitem überhoben, zeigt die Mittelhalle im rechten Geschoss eines Hauses unmittelbar neben der
Cà d'oro auf dem grossen Kanal, dessen Parterrefenster und Halle noch im überhobenen Rundbogen geschlossen, dessen zweite Etage bei weitem später ist.
Auch an dem,
Palazzo dei Mori, Kameelpalast etc. genannten Haus am
Campo dei Mori, auf das wir weiter unten näher zurückkommen werden, finden sich im Sockelfriess sehr schöne byzantinische Figurendurchwebte Verschlingungen. Am ganzen Hause zerstreut sind byzantinische und antike Fragmente theils wieder benutzt, theils blos eingefügt, in der ersten Etage ist der Rundbogenbau mit Scheiben in den Zwickeln beibehalten, während das ganze zweite Geschoss die Architektur des 14. Jahrhunderts in reicher Durchbildung zeigt.
Ausser dem genannten giebt es noch sehr viele Häuser in Venedig, an denen dieselben Erscheinungen wiederkehren, welche entweder durch einen theilweisen Umbau oder durch Jahrhunderte langes Liegenbleiben des Baues, oder durch ein antiquarisches Aufbewahrungsgelüste des Bauherrn in Bezug auf die alten Details sich erklären lassen, für den Geschichtsforscher aber den Nachtheil haben, die genaue Feststellung der Erbauungszeiten solcher Gebäude fast unmöglich zu machen und dadurch die Erlangung eines klaren Ueberblicks über den Entwicklungsgang der Baukunst jener Zeit bedeutend zu erschweren.
Durch den Umstand, dass auf die meisten Wohngebäude dieser Periode in neuerer Zeit Etagen aufgesetzt worden sind, ist es un-