Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 246 248

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kann, sie seien von ihm oder wenigstens von seinen Vettern Luca und Giovanni.
6)   Das Monument des Marco Cornaro von 1367. s. S. 190.
7)   Das Hauptportal von S. Steffano. Eine ziemlich niedrige wagrecht geschlossene Thür ist mit mächtig breitem Gewände versehen, dessen Gliederung ohngefähr folgende ist, von aussen hereingerechnet: grosser Doppelzahnschnitt (das einzige Glied, welches sich über die Putzflucht hervorhebt); kleinerer Doppelzahnschnitt; Carniess mit schieflaufendem krausem Blattwerk; Platte mit Rankenwerk ; complicirter gewundener Stab, ziemlich gross und reich; glatte Hohlkehle; seilähnlich gewundener Stab; glatte Hohlkehle, Plättchen und schiefe Platte mit einem blätterumwundenen Stäbchen; die Gewändglieder ziehen sich am Sturz herüber, auf dem dann noch ein ganz schwaches Zahnschnittchen mit Plättchen liegt; auf der glatten Mauerfläche darüber stehen ziemlich unmotivirt und ohne allen organischen Zusammenhang mit der eigentlichen Thür auf Consolen zwei Vialen, welche in halbem Achteck aus der Mauer vortreten und einen Spitzbogen einschliessen, an dessen Gliedern nach innen zu sich freihängende durchbrochne Spitzbogen mit Nasen anlegen, an dem äusserlich aber Kriechblumen in die Höhe steigen, welche nach oben zu allmälig grösser werden; da die Fusslinie dieser sehr schön gearbeiteten Kriechblumen einen Eselsrücken bildet, so entsteht über dem Scheitel des Spitzbogens ein Zwickel, welcher durch das Brustbild eines Engels ausgefüllt ist; aus der Kreuzblume unmittelbar über diesem Engel wächst ebenfalls ein Brustbild heraus: ein bärtiger Mann, in der Linken ein aufgeschlagenes Buch, die Rechte segnend erhoben.
Die Leiber der Vialen sind durch einen Gurtsims in zwei Theile getheilt, deren Felder durch Nischen ausgefüllt sind; über den obern Nischen stehen Giebel mit Kriechblumen und Kreuzblumen, welche auch die undurchbrochnen Helme der Vialen verzieren.
Auf den Kreuzblumen dieser Helme stehen Kreuzchen von Eisen. Die Unmotivirtheit und der Mangel an Organismus dieser ganzen Anordnung, welche bei andern ähnlichen Portalen in Venedig nicht wiederkehren, deuten darauf hin, dass dieses Portal das älteste mit Vialen flankirte Portal in Venedig sein mag; der Umstand, dass die Nischen der Vialen nicht im Spitzbogen sondern durch Muscheln im Rundbogen geschlossen sind, lässt schliessen, dass das Ganze in der letzten Periode der venetianischen Gothik, also nach 1370 entstanden sei, während die Giebel und Helme der Vialen, nach ihrer Form zu urtheilen, jedenfalls früher datiren, als das bald zu betrachtende Denkmal des Michele Morosini, also vor 1382 entstanden sind; dadurch stellt sich die Entstehungszeit dieses Portals ziemlich sicher als zwichen 1370 und 1380 fallend

 

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