Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 224 226

S. 225

jedoch, selbst wenn Documente darüber vorliegen sollten, nicht glauben, dass der ganze Bau von diesem Meister herrühren könne; der untere Theil der Façade, sowie des Hofes kann von ihm sein; die Obergeschosse jedoch sind jedenfalls später. Die. Ueberzeugung nun, dass das Ganze von Calendario sei, hat bei der Restauration zu einem, unsrer Meinung nach, sehr zu bedauernden Missgriffe geführt; man hat nämlich die ganzen Mauerflächen so decorirt, wie den Obertheil des Dogenpalastes, den man ebenfalls irrthümlich für von Calendario gebaut hält; ganz abgesehen nun davon, dass es im Mittelalter nie Jemandem einfiel, im Putz einen Steinverband nachzuahmen, wie dies hier mit den abwechselnden weiss und rothen Steinchen geschehen ist, ist unbedingt eine von so vielen Fenstern unterbrochne Façade sehr wenig zu solcher Decorationsweise geeignet; eine Bemalung, wie wir sie oben bei der Casa Orfei, dem Pal. Badoer etc. kennen gelernt haben, wäre unbedingt viel geeigneter gewesen und hätte auch den Charakter eines vornehmen Wohnhauses viel besser ausgesprochen. Im Uebrigen ist die Restauration mit vielem Verständniss und treuem Anschmiegen an die Stylformen der Erbauungszeit ausgeführt und trotz dieses Missgriffs im Abputz eine der bestgelungensten unter den vielen seit 1840 vorgenommenen zu nennen.
Auf stark geböschter Futtermauer zieht sich ein schwerer Gurtsims hin, der über dem Parterrefussboden beginnt und sich bei der Portalöffnung auf der Mitte der Wasserfaçade verkröpft und den Grundpfeilern dieses Portals als Postament dient. Dieses Portal, welches durch Parterre und Mezzana hindurchgeht, hat einen ziemlich gedrückten Spitzbogen mit kl einer Schneppe und Blume; die Parterrefenster sind im Stichbogen geschlossen; das Parterre ist sehr niedrig, die Mezzana fast höher und hat ziemlich schlanke Fenster mit Eselsrücken, Nasen und Blumen, aber ohne rechtwinklige Einfassung; zu jeder Seite des Portals stehen drei solcher Fenster. Das Hauptgeschoss ist so hoch, als Parterre und Mezzana zusammen ; es hat in der Mitte einen grandiosen Pergolo von sieben Oeffnungen, den wir nicht weiter beschreiben, sondern unsere Leser auf Fig. 62 verweisen, die einen Theil dieses Pergolo wiedergibt. Zu jeder Seite steht, von demselben durch einen nicht allzubreiten Schaft getrennt, ein Fenster von ganz denselben Verhältnissen, nur die Brüstung sitzt etwas tiefer, als die des Pergolo und ladet blumenbretartig auf Consolen aus, welche auf dem Gurtsims aufstehen. Das Profil der Brüstungsplatte siehe Fig. 59. Der Gurtsims ist ein Viertelstab mit sehr reichen, vollgearbeiteten Ranken belegt und wird an den Ecken der Façade von einem Ecksäulchen gestützt, welches zopfartig gewunden ist; über demselben ruht eine diagonal gestellte, nach den Gebäude-

 

Impressum Venedig