Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 215 217

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Halle stützende Säule die Eigenthümlichkeit, dass sie ziemlich auf der Mitte des Schaftes mit einem knaufartigen Band versehen ist.
Ausser den eben angeführten zum Theil weiter beschriebenen Palästen und Häusern gibt es noch so viele aus jener baulustigen Periode, dass schon sie alle anzuführen fast unmöglich ist; begnügen wir uns daher hier nur noch einige der interessantesten zu benennen, ehe wir zur nächsten Periode, der Glanzperiode mittelalterlichen "Wohnhausbaues übergehen. Der jetzt eben betrachteten Periode dürften noch angehören der Palast Sagredo bei S. Sofia, zwei Häuser auf dem Fundamento della Misericordia, ein Palast Seriman in der Nähe des Campo dei Gesuiti, ferner der allerdings durch Restauration ganz verdorbene P. Nani Mocenigo, früher Barbarigo, in der Nähe von San Trovaso, ein Palast Cornaro auf dem Campo S. Fosca, welcher ebenfalls im 17. Jahrhundert bedeutend verändert worden ist, der sehr edle, aber ganz einfache P. Fini mit einem Portego in sehr feinen Verhältnissen, glatten Ecksäulen und Spuren von Malerei, leider ziemlich ungeschickt restaurirt und viele andere mehr.
Wenn wir Perioden in der Besprechung der venetianisch-gothischen Wohnhausarchitectur angenommen haben, so ist darunter nicht zu verstehen, dass sich die Gebäude, welche wir als in diesen einzelnen Perioden entstanden annehmen und demgemäss zu Gruppen vereinigen, ganz vollständig von den andern Gruppen absondern; die Uebergänge sind allerdings sehr allmälig und oft nur bei genauerer Beobachtung findet man die Merkmale, welche die Perioden charakterisiren; dass diese Merkmale natürlich nicht mit einem Jahre wechseln konnten, geht schon daraus hervor, dass man an jedem Palaste doch wenigstens einige Jahre, an manchem sogar über zwanzig Jahre baute, und während des Baues fast immer dem Fortschritt der Kunst folgte, sich dabei nach den eben im Bau begriffenen öffentlichen Gebäuden richtend, zu deren Entwerfung natürlich immer die besten Künstler herbeigezogen wurden, und deren Formen demgemäss tonangebend waren; kam nun eine bis dahin neue Form an solch einem Gebäude zur Anwendung, so suchte man sie nicht nur bei neuen Gebäuden, sondern auch bei schon begonnenen an den noch nicht vollendeten Theilen anzuwenden. Ueberhaupt charakterisirt es ja das ganze Bauwesen des Mittelalters, dass der einzelne Baukünstler weniger darnach strebte, etwas individuell Originelles zu schaffen, als vielmehr sich in dem allgemein angenommenen Typus möglichst zu vervollkommnen; wesentlich trug dazu die Einrichtung der Steinmetzbrüderschaften bei, der damals alle Architecten angehörten; ja man wird beinahe versucht, anzunehmen, dass die Pläne nur höchst selten von einem Einzelnen entworfen, vielmehr in der

 

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