Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 195 197

S. 196

Gründe gestützt, unsere Ansichten für richtig halten und auf denselben weiter bauen.
Betrachten wir nun die Colonnaden in Bezug auf ihre Detailbildung, so finden wir an den untern zum ersten Mal in grosser Ausdehnung angewendet den reinen Spitzbogen von ziemlich gedrückten Verhältnissen mit stark einwärts gehenden Gliedern, welche sich vom Bogenlichten aus in nachstehender Reihe folgen: Rundstab, Viertelskreishohlkehle, Plättchen, sehr kleine Brillantirungen, Plättchen und Rundstab; blos letzterer steht vor der Mauerflucht vor. Die Zwickel zwischen den Bögen waren mit Marmorplatten belegt und zwar so, dass sich auf der Mitte jedes Zwickels ein Stern in einem Kreis befand, bei weitem mehr der spätbyzantinischen Scheibe als einer gothischen Rosette gleichend; dieser Plattenbelag ist bis auf wenige Spuren verschwunden. Der Rundstab zieht sich horizontal über den Zwickeln hin und trägt eine Platte, welche nur wenig über die Mauerflucht ausladet; diese Platte ist (ganz byzantinisches Motiv) in Quadrate getheilt, in deren jedem eine ziemlich flach gearbeitete Rosette mit 4 Rund blättern sitzt. Dann kommt ein schwacher, ziemlich stumpf profilirter Gurtsims, Hohlkehle, Rundstab und Plättchen, auf dem die Säulenfüsse der obern Arkaden ohne Plinthus stumpf aufsitzen. Das Geländer zwischen diesen Säulen (2 auf je 1 untere) ist ganz ähnlich denen, welche wir bei der Domkirche zu Murano und an einigen Brücken bereits kennen lernten, kleine Säulchen, kaum 11/2 Durchmesser von einander entfernt und mit dem Capitäl 7 Durchmesser hoch, tragen kleine geschneppte Bogen mit bündigen Nasen und etwas Stelzung, also wie die Fenster des Pal. Molin (s. S. 149). Die Hauptbogen dieser Arkade hingegen zeigen Eselsrücken mit zurückgesetzten Nasen; über jeder Säule setzt sich zwischen die Schneppen ein Kreis mit durchbrochenem Vierblatt, dies ist also schon der vollständige venetianisch-gothische Masswerkorganismus, freilich in den Gliederungen noch nicht ganz durchgebildet (diese sind ähnlich denen der untern Arkaden, der Rundstab herrscht noch sehr vor), sowie auch die kleinern Zwickel unter den Kreisen, sowie oben zwischen ihnen noch nicht durchbrochen sind ; in den untern sitzen sehr schöne Löwenköpfe, genau nach dem Typus, dem wir häufig wieder begegnen werden, sehr edel, fast classisch stylisirt, und etwas lang gezogen (einen der schönsten dieser , in Venedig ungemein häufigen Löwenköpfe, werden wir unsern Lesern in Abbildung vorführen.)
In den obern Zwickeln sitzen runde Rosettenblumen, grösstentheils fünftheilig aus zwei Lagen flacher rundgeschlossener Blätter bestehend. Der das ganze Masswerk umziehende Rundstab läuft über ihnen wagrecht durch und trägt eine sehr wenig ausladende Hohlkehle in der

 

Impressum Venedig