Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 162 164

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später auch jedenfalls das Pflaster; einesteils ist es wahrscheinlich, dass man die Decoration des Fussbodens mit so kleinen Steinen nicht eher begonnen, als bis das Innere von Gerüsten wenigstens theilweis freigemacht werden konnte, anderntheils aber deutet Zeichnung und Arbeit an dieser Mosaik auf diese Zeit, indem es augenscheinlich später ist, als das laut Inschrift im Jahr 1111 begonnene Pflaster des Doms von Murano, welches wir schon S. 53 erwähnten, indem es ferner viele Aehnlichkeit hat mit dem Fussboden der normannischen Kirchen in Sicilien, namentlich des Domes zu Monreale (1174), nur dass es in den Nachahmungen von durchbrochenen Gittern, Fussangeln, herausstehenden Zacken etc. mehr raffinirte Spielerei" zeigt, als jene, so dass wohl anzunehmen ist, es sei um das Jahr 1200 ungefähr begonnen.
Auch findet man mehrfach die Nachricht, dass ein Abt Joachim (Gioachimo) v. S. Fiore, welcher ums Jahr 1180 einen Christus gemalt hat und bis in das 13. Jahrhundert hineinlebte, diesen Fussboden entworfen habe. Ob nun gleich diese Nachricht nicht documentarisch feststeht, so ist sie deshalb doch nicht ganz zu verwerfen, da sie mit dem Augenschein übereinstimmt. Sei nun dieser malende Abt oder irgend ein anderer Künstler der Urheber dieses Mosaiks, so viel steht fest, dass er in der Hauptanordnung sich an das hielt, was schon seit dem 6. Jahrhundert mit nur wenigen Abänderungen stereotype Regel bei der Anlage solcher Fussboden war. Der ganze Raum wurde zunächst gemäss dem Gewölbsystem eingetheilt; dadurch ergaben sich unter den Kuppeln Quadrate, unter den Gurtbögen Streifen von grösserer oder geringerer Breite; diese Streifen wurden mit dunklem, z.B. rothem Stein belegt, und dafern sie gross waren, durch eingesetzte Kreise etc. in bunten Steinen unterbrochen, die grossen Quadrate hingegen durch Streifen von hellem Stein in Felder eingetheilt. In diese Eintheilung nun ein gewisses System zu bringen, die Streifen in mannichfachen Verschlingungen etc. durch einander zu leiten, und so das Ganze zu einer harmonischen Gliederung zu gestalten, ferner die Muster zu Ausfüllung der einzelnen Felder zu wählen, das war die Aufgabe des einen solchen Fussboden Entwerfenden. Unser Abt nun scheint dem ersten Theil dieser Aufgabe allerdings nicht sehr gewachsen gewesen zu sein, denn in den breiten Streifen stehen die Kreise ohne allen Zusammenhang willküslich hineingesetzt, und die Eintheilung der grossen Quadrate unter den Kuppeln lasst ebenfalls manches zu wünschen übrig.
Desto mehr Geschick aber wurde bei Ausfüllung der Felder verwendet, und man erstaunt mit Recht über diese verschiedenen Muster, mit denen die Kreise und Vierecke durchzogen sind; namentlich zeugen die Ausfüllungen der kreisförmigen Felder mit kleinen Sternen, Qua-

 

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