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noch zu sagen, da der weisse Marmor, aus dem sie gefertigt sind, sehr durch die Ausdünstungen des Meerwassers gelitten hat, so dass namentlich Kopfe und Arme oft ganz abgewaschen sind; besser erhalten sind die Gewandungen, welche einen sehr elegant entworfenen, leicht und fein gearbeiteten Faltenwurf zeigen, so dass wir uns zu der Vermuthung gedrungen fühlen, dass diese Arbeiten, sowie die Darstellungen der Gewerbe an der Laibung desselben Bogens, welche ähnlich entworfen, obgleich minder fein gearbeitet sind, aus den letzten Jahrzehnten des 13., wenn nicht gar aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts stammen, in welches wir die obern Arbeiten insgesammt verweisen müssen, die daher erst später zu betrachten sein werden, i-
Die Bogen der Thüren zur Rechten und Linken des Haupteingangs äusserlich an der Vorhalle, sind stark überhobene Rundbogen, in Vierecke eingeschlossen. Die Archivolten selbst sind mit Ballenblumen und Ranken, die Zwickel mit Engelsfiguren ausgefüllt; der Arbeit nach sind sie in das zweite Dritttheil des 13, Jahrhunderts zu setzen. Die durch sie gebildeten Bogenlichten waren jedenfalls bis 1300, wenn nicht noch länger offen, denn die Bronzethüren, welche in denselben hängen, sind 1300, das Fenstermaasswerk wohl noch später gearbeitet.
Etwa gleichzeitig mit den älteren der soeben besprochenen Archivolten mögen noch einzelne Theile der an den andern Seiten die Kirche schmückenden und auch einige in der Stadt zerstreute sein, darunter z. B. der schon erwähnte Bogen am Palazzo Polo bei S. Giov. Grisostomo. Zwischen dem Blattwerk finden sich bei all diesen Arbeiten lebende Wesen vertheilt, Menschen, kämpfende Thiere, laufende Hasen, Kaninchen, fruchtfressende Vögel etc., auch in den Friesen etc. an den oben betrachteten Wohngebäuden kehren diese Darstellungen wieder.
Der Fussboden der Kirche, welcher gleich der Decoration der Gewölbe aus Mosaik besteht, hat wahrscheinlich ebenso lange Zeit als diese, zu seiner Vollendung bedurft.
Kugler sagt zwar, diese Mosaicirung sei schon im 10. Jahrhundert begonnen worden, davon kann aber, da 1070, wie wir gesehen haben, erst das Hauptgerippe der Kirche nothdürftig vollendet ward, gar keine Rede sein. Dass die Deckenmosaiken zum Theil schon aus dem 12., zum grossen Theil aber aus dem 13. Jahrhundert stammen, haben wir bereits nachgewiesen; die der Kapelle Zeno z. B. sowie das grosse Mosaik an der innern Seite der Westwand im Dom von Torcello, ein Gemälde von lebendiger Darstellung und gedankenvoller Composition, das Weltgericht darstellend, sowie die Decorationen eines Theils des südlichen Querarms in S. Marco gehören wahrscheinlich dieser Zeit an. Später aber noch ist die Mehrzahl der Mosaiken in S. Marco,