Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 140 142

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beiden, jede Rinne begrenzenden Steghälften vereinen sich oben zu einem Rundbogen, so dass die Cannelirungen nischenartig abschliessen, darüber legt sich der Ueberschlag des obern Randes; etwas über ein Viertel von unten auf sind die ganzen Cannelirungen durch ein, eine Art Sockel bildendes schrägstehendes Korbflechtwerk umwunden, der aus diesem Sockel herausragende Theil der Cannelirung, der also ohngefähr 3/4 der ganzen Höhe beträgt, ist noch zweimal durch zopfähnliche Schnuren zusammengebunden, so dass eben das Ganze einer Art Korb gleicht.
Die zweite steht in der Corte Gattei bei San Samuele; diese ist bei weitem reicher und feiner als die vorige; ihre Höhe übersteigt etwas das Maass des Durchmessers.
Der ganze Umfang ist in 9 Bogen getheilt, die von Säulchen getragen werden; sämmtliche 9 Säulchen sind verschieden; eine ist rund und glatt, eine achteckig, eine gewunden, eine besteht aus in der Mitte geknoteten Stäben etc. Die Kapitäle sind zwar in der Hauptform die zu jener Zeit überhaupt gebräuchlichen und auch in der halbdurchbrochenen tiefausgebohrten Weise, wie jene alle gearbeitet, aber das Blattwerk ist fast bei allen verschieden: Seegras, Wein- und Distelblätter; die Kapitälchen haben wenig Ausladung und tragen sehr wenig überhobene Rundbogen, deren Archivolten etwas mehr als die halbe Kapitälbreite zur Höhe haben, so dass der sie nach oben einfassende Rundstab nicht bis auf die Kapitäle herabgreift. Dadurch ward es möglich, die Archivolten in der Weise zu verzieren, dass aus jeder Kapitälplatte ein Kelchblatt herauswächst, aus dem sich zwei Ranken in den beiden Schenkeln der anliegenden Bogen in kurzen, mit je einem Blatt ausgefüllten Schwingungen, in ganz byzantinischer Weise hinaufziehen, die Zwickel zwischen den Bogen sind mit Pinienäpfeln ausgefüllt. Auch die schlanken Bogenfelder sind mit Rankenwerk reich verziert, ja der Reichthum an Verzierungen erstreckt sich sogar auf die Leibungen der Bogen, obgleich man sich bücken muss, um dieselben zu sehen.
Ohne Verzierungen ist nur die niedrige Sockel und der obere Rand, ein glatter, wenig ausladender Rundstab, das Ganze ist mit grosser Sauberkeit und pedantischer Accuratesse, aber zum grossen Theil ohne höheres Verständniss der Pflanzenformen und nicht mit dem, dem genialen Entwürfe entsprechenden Geiste aus hartem istrischen Stein gearbeitet, so dass es sich trotz des hohen Alters (wir halten es für ums Jahr 1105 gearbeitet) sehr gut erhalten hat.
Einige andere kreisförmige Brunnenmündungen, hier und da zerstreut, sind einfach und oft ganz ohne Kunstwerth. Die denselben sich zu-

 

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