Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 38 40

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wenig anmuthigen Verhältnissen durch etwas entartete corinthische Kapitäle bekrönt sind. Auf diesen Säulen ruhen statt der Architrave lange antike Marmorblöcke, welche sich bis zu den Pilastern der Hinterwand erstrecken und den Tonnengewölben der drei Abtheilungen des Sanctuars als Kämpfer dienen. Zuverlässig sind auch sie, sowie die Säulen einem römischen Gebäude entnommen. Der eine dieser Blöcke ist von istrischem Kalkstein und stellt im Relief einen Ibis und eine Eule im Kampfe mit Schlange und Eidechse zwischen schönem Laubwerk dar. Die Gewölbflächen selbst sind mit Fresken besetzt, die natürlich mehr oder weniger beschädigt sind. Das mittlere zeigt im Scheitel einen Heiland in einer länglichen Glorie und darunter zwei religiöse Darstellungen. Die Umrahmung der Gemälde bilden Gurtbogen in Gestalt breiter gemalter Borten. Ueber den drei Altären im Hintergrunde dieser drei Sanctuarschiffe befinden sich drei im Halbkreis geschlossene Fenster.
Was nun den westlichen Theil des Oratoriums, das Schiff, oder mit der Chronik zu reden, den Chor betrifft, so kann man ihm mit Recht pulchre testudinatum nennen, denn dieser fast quadratische Raum ist durch ein schönes Kreuzgewölbe überspannt, in dessen Kämpferhöhe sich ein schönes blumverziertes Kranzgesims, aus Stuck bestehend, herumzieht, welches an manchen Stellen unterbrochen ist, wahrscheinlich durch das Herabfallen einiger Stücken. Den Mittelpunkt der Blumen bilden Köpfe von dunkelfarbigem Glas. Die Kämpfer selbst, die sich auf dieses Gesims aufsetzten, waren mit Blätterkelchen verziert, davon einer noch zu erkennen ist.
Bis auf dieses Kranzgesims nun reichten die fünf Rundbogenfenster herab, welche sonst das Chor erhellten , in Nord und Süd je zwei, im Westen über der Thür eins. Nur die an der Südseite sind noch offen und auch sie haben bei einer späteren Reparatur ihre Form in die des stumpfen Spitzbogens umgeändert. Nur das über der Eingangsthür befindliche hat, obgleich zugemauert, seine Form und Decoration behalten. An seinen Seiten stehen zwei kleine Säulen mit attischen Basen und corinthischen Kapitälen, welche durch sehr kurzes Verhältniss und rohe Arbeit ihre Entstehung in den ersten christlichen Jahrhunderten beurkunden.
Der halbkreisförmige Stirnbogen des Fensters ist reich verziert. Zunächst nach innen ein Kugelperlstab, dann ein Band mit Riemenverschlingungen und dann ein flacher Karnies mit stehenden Palmetten und überhängenden Kelchen bilden diese Verzierung. Die Einfassung der darunterstehenden Thür besteht aus drei Marmorstücken, zu ihren beiden Seiten standen zwei Pilaster, von denen nur noch die sehr ver-

 

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