Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 24 26

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Nicht weit vom Atrium dieser Kathedrale errichteten die ebengenannten Tribunen den Bischofsitz und ein andres Kirchlein zu Ehren Johannis des Täufers, in welchem sie zu Folge des alten Ritus, der die Baptisterien ausserhalb des Tempels will, das Taufbecken niedersetzten. Auch dies schmückten sie mit der grössten Pracht, wenn wir dem erwähnten Chronisten Glauben schenken, denn sie war „ganz bekleidet mit den feinsten Marmoren und das Pflaster war in Mosaik gearbeitet, unter demselben aber rann mit wunderbarer Kunst ein Wasser, welches durch verborgene Canäle und mittelst bronzener Thierköpfe in das Becken sich ergoss."
Aber schon 864 musste diese Kathedrale „vetustate pene consumpta" einem bedeutenden Neubau unterworfen werden, entweder weil alles dies aus Mangel an Technik oder aus Mangel an Vertrautheit mit dem schlechten Baugrund fehlerhaft construirt war, oder weil auch Torcello von den Franken verwüstet wurde, als diese 808 mit Heeresmacht gegen den jungen Staat heranzogen und Chioggia, Palestrina, Malamocco, Eraclea und Albiola zerstörten, Rialto aber vergebens einzunehmen strebten und endlich 809, nachdem ein grosser Theil ihrer Flotte durch Vittore von Eraclea verbrannt worden war, vor Angelo Partecipazios Heldenmuth zurückweichen mussten.
Die Erfahrung hatte gelehrt, dass Malamocco fast eben so blosgestellt sei, als Eraclea.
Man beschloss daher, den Regierungssitz von Malamocco nach dem sicherer gelegenen Rialto zu verlegen.
Auf der Insel Olivolo, nahe bei Rialto, wurde eine Kathedrale gebaut für das Bisthum, was dort unter Galba 765 gegründet worden war, wahrscheinlich als Belohnung für die Theilnahme Venedigs am Aufstand gegen Kaiser Leo den Bilderstürmer.
Ein Palast für die Dogen wurde erbaut, während früher das Familienhaus des jedesmaligen Dogen zum Regierungssitz gedient hatte.
Die neue, nun mit Ringmauern umgebene Stadt wurde — Venezzia genannt. 810 n. Chr. G.
827 bestieg Giustiniano Partecipano den Thron der Dogen. Während seiner Regierung baten die Sicilianer, von den Sarazenen angegriffen, »enedig um Hülfe, die auch gewährt ward.
Unter seiner Regierung brachten auch zwei Kaufleute, Bon v. Malamocco und Rustico v. Torcello den Leichnam des heiligen Marcus aus Alexandrien nach Venedig und setzten ihn in der Gruft der Dogen bei.
Schon brachte also Krieg und Handel die Venetianer in vielfache Berührung mit den Völkern des Orients und von jetzt an wird auch der directe orientalische Einfluss auf die Kunst Venedigs sichtbar.

 

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