Längsschnitt der Kirche nach Diedo/Cicognara
Nach dem Sacco di Roma siedelte sich der 1524 in Rom gegründete Theatinerorden zunächst beim Ospedale degli Incurabili an den Zattere, später auf der Giudecca und schließlich 1528 bei einem bereits bestehenden Oratorium in der Pfarrei von San Pantalon an. 1591 wurde ein Neubau beschlossen und Vincenzo Scamozzi zum Baumeister ernannt. Der Entwurf weist Gemeinsamkeiten mit zentralitalienischen Kirchen des Ordens auf. Scamozzi schied nach zunehmenden Meinungsverschiedenheiten mit den Mönchen, besonders die Bauweise und die Ausgaben betreffend, wieder aus, woraufhin der Orden eigenverantwortlich mit einigen Planänderungen weiterbaute. Die gleichzeitig errichtete, 1810 in eine Kaserne umgewandelte und nach nach 1960-1965 erfolgtem Umbau durch Daniele Calabi und Guido Bacci heute von der IUAV genutzte gewaltige Klosteranlage zwischen Rio dei Tolentini und Rio delle Muneghette ist wohl nur in der Grundanlage von Scamozzi zu verantworten.
Patriarch Matteo Zane weihte die Kirche 1602, wie auch eine Kartusche an der Innenseite der Fassade belegt. Es handelt sich um eine auf der palladianischen Tradition aufbauende Saalkirche mit sechs Seitenkapellen, von denen vier von Patriziern (Focsari, Grimani, Pisani, Soranzo) erworben wurden. Der Aufriß wird von korinthischen Pilastern gegliedert; der Obergaden mittels Thermenfenstern belichtet. Von der Vierungskuppel, die im 18. Jahrhundert wieder abgetragen wurde, verbleibt nur der Tambour, welcher von Gerolamo Mengozzi Colonna und Mattio Bortoloni freskiert wurde. Darüber befindet sich eine flache Decke mit einer Gloria Christi mit Engeln von Gaetano Zompini. 1658 hinterließ die Adelige Cornelia Badoer 9000 Dukaten zur Errichtung eines Hauptaltars, der schließlich 1661 bei Baldassarre Longhena in Auftrag gegeben und um 1672 fertiggestellt war 1. Um 1675 war der Innenraum weitgehend beendet, doch wird er durch zahlreiche barocke Stuckaturen verunklärt. Durch den Nachlaß des Adligen Alvise da Mosto erhielten die Theatiner 1701 die Möglichkeit, die Fassade von San Nicolò fertigzustellen. Rekurrierend auf einen Entwurf von Scamozzi entwarf Andrea Tirali einen erhöhten korinthischen Pronaos, der von 1706 bis 1714 ausgeführt wurde.
Paolo Renier, vorletzter Doge Venedigs, ist in einem Bodengrab im rechten Querschiff von San Nicolò da Tolentino bestattet. Unweit davon befinden sich zwei Wandgrabmale für Mitglieder der Familie Corner.
Franzoi, Umberto; Di Stefano, Dina: Le chiese di Venezia. Venezia 1976, pp. 80ss
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