Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 49 51

S. 50

Quadrat mit abgestumpften Ecken, in denen Nischen sitzen; über den inneren Ecken der dadurch entstehenden starken Pfeiler und den denselben nahestehenden Säulen steigen vollständig ausgebildete Pendentifs (Siehe den Durchschnitt Fig. 30) empor, die einen cylindrischen niedrigen Tambour
mit vier kleinen Fenstern tragen, über dem sich jedenfalls einst eine Kuppel erhob, die jetzt durch ein Nothdach ersetzt ist. An der Ostseite nur ist der Kreuzarm länger als die drei andern und jedes Schiff dieses östlichen Kreuzarms schliesst eine Chornische, während die drei andern gradlinig schliessen und am Mittelschiffgiebel ein halbkreisförmiges Fenster haben; äusserlich zieht sich an Nord-, West- und Südseite ein Porticus herum, der sich im Norden an den Kreuzgang des gleich daneben liegenden Doms anschliesst. Diese ganze Centralanlage deutet auf vorherrschenden orientalischen Einfluss. S. übr. die Facade Fig. 29.
Die inneren Säulen sind aus griechischem Marmor von spätrömischer Arbeit, wahrscheinlich einem antiken Gebäude entnommen, die Bogen in reinem Halbkreis gewölbt, jedoch mit einem Kämpfergesims versehen, das, schon nicht ganz frei von orientalischem Anklänge, sehr ähnlich dem Oberglied des Hauptsimses am Denkmal des Theodorich zu Ravenna ist. (S. Fig. 31.) Die Säulen der äusseren Vorhalle (Fig. 32 und 33) sind theils achteckig, theils rund, zeigen in der Formgebung ihrer Basen und Kapitäle schon eine bedeutende Annäherung an diejenigen des byzantinischen und spätromanischen Stils mit seinen Würfelkapitälen, in ihren Details aber noch neben dem neuen Motive der Weinblattranken die römischen Eier- und Perlstäbe, obgleich schroffer und härter behandelt, als an classischen Arbeiten.
Die Bogen dieses Umganges sind überhöhte Rundbogen mit vertical verlängerten Schenkeln, eine offenbar nur durch orientalischen Einfluss entstandene Form, die wir an den meisten Gebäuden des 11. und 12. Jahrhunderts in Venedig wiederkehren sehen; dieselbe Hauptform der Kapitäle, dieselbe Form der Bogen finden wir am untern Geschoss der mittleren Chornische auf der Ostseite der Kirche wieder, deren Abbildung hier in Fig. 34 beifolgt, und die, namentlich in ihrem obern Theile und Hauptsims eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Chorschluss der Cattedrale von Murano (S. unten) zeigt,1) die zu Ende des 10. Jahr-
----
1) Die Detailbildungen beider erinnern sehr an die der S. Maria Kapnikarea zu Athen.

 

Impressum Venedig