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neuer Zeit an sich trägt. In der Wand ist eine Nische angebracht, welche, obgleich im Spitzbogen geschlossen, doch nicht viel höher ist als breit; den untern Theil dieser Nische nimmt der Sarkophag mit liegender Porträtfigur ein; er ruht auf zwei Consolen, ähnlich den Balkonconsolen, an der Vorderseite mit Löwenköpfen und Wappen besetzt, zwischen sich eine Inschriftstafel einschliessend; das Fussgesims des Sarkophags ist noch streng venetianisch-gothisch; die Vorderseite des Sarkophags nehmen sechs consolenartige Blätterknäufe ein, welche ganz zwecklos erscheinen; zwischen ihnen stehen Vierblattfelder mit kleinen fliegenden Engeln; die Oberfläche des Sarkophags ist ziemlich stark nach vorn geneigt, und mit einem Tuch überlegt, dessen Faltenwurf pedantisch zierlich, aber wenig künstlerisch gearbeitet ist; auf demselben liegt die Porträtfigur in einfacher Dogengewandung, der Faltenwurf ist fast zu schlicht, das Gesicht scheint nach einer Todtenmaske gearbeitet zu sein und erscheint nicht schlafend, sondern todt; die Technik lässt Manches zu wünschen übrig; zu Häupten des Sarkophags, auf einem Postament in der Nische selbst, steht eine Justitia mit der Wage, ein graziös bewegtes Figürchen mit einfach klarer Gewandung, jedenfalls das beste Stück vom ganzen Grabmal, bei weitem besser in Composition, Verhältnissen und Technik als die ihr symmetrisch zu Füssen des Sargs angebrachte Temperantia; das Schild des Bogens ist mit einem Mosaikgemälde ausgefüllt: ein gekreuzigter Christus nimmt die Mitte ein, umgeben von Heiligen und Engeln, zu seinen Füssen kniet der Doge und seine Gattin in Nonnenkleidung; einzelne Schönheiten enthält dieses Mosaik zwar, im Ganzen aber gehört es nicht zu den schönsten Arbeiten, die Venedig in diesem Fach aufzuweisen hat; die Gliederung des Bogens besteht aus einem Carniess mit normal stehenden Ueberschlagblättern gothischer Gestaltung und einem Doppelzahnschnitt. Darüber erhebt sich ein Spitzgiebel mit geraden Schenkeln, dessen Schild ebenfalls mit Mosaik (Arabesken, Medaillons mit Brustbildern etc.) ausgeschmückt ist; jeder Schenkel des Giebels trägt Kriechblumen, aus denen halbe Figuren herauswachsen, eine Anordnung, die sich an den Buonschen Arbeiten öfters wiederholt, hier aber noch etwas unbeholfen ausgeführt ist, was uns vermuthen lässt, dass dies vielleicht das älteste Beispiel ihrer Anwendung ist; statt der Kreuzblume steht auf der Spitze des Giebels eine Statuette des Namenspatrons des Verstorbenen, des Erzengels Michael, mit unverhältnissmässig grossen Flügeln und fast etwas zu mildem Ausdruck in dem jugendlichen Antlitz, sonst aber recht brav gearbeitet. Flankirt nun wird der Giebel durch zwei Tabernakel. Dieselben springen in halbem Achteck aus der Mauer vor und ruhen auf entsprechenden Blätterconsolen, deren Blattwerk in Gestaltung der Augen, in Schwung und Aus-