Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 11 13

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keit, weil sein Inneres trotz der fast schon rein bizantinischen Anordnung doch noch streng antike Details zeigt. Die runde Kuppel ruht auf achteckigem Unterbau, dessen Wände aber blos mit Blendarcaden in zwei Geschossen verziert sind, ohne also einen Umgang zu haben. Die untere Bogenblende ist glatt, die obere aber durch drei kleinere Bogen, auf zwei Zwischensäulen ruhend, eingetheilt, ein neues, rein mittelalterliches Element. Alle architectonischen Details sind spätrömischer Form; ebenso zeigen die Mosaikgemälde (Stiftbilder) noch völlig antike decorative Anordnung und Behandlung.
Die fast gleichzeitigen Basiliken derselben Stadt, S. Agata (417?), S. Giovanni Evangelisto (nach 425), San Francesco (von 425—430) folgen ganz dem römischen Typus, ebenso wie die schon im vierten Jahrhundert errichtete fünfschiffige Cathedrale. — Hingegen das 425 gebaute Mausoleum der Galla Placidia, jetzt S. Nazario e Celso zeigt schon die griechische Kreuzform im Grundriss. Die Kreuzflügel sind mit Tonnengewölben, der Mittelraum mit erhöhter Kuppel überwölbt; die Aussenseite trägt rundbogige Blenden und Gesimse auf Consolen, ersteres ein mittelalterliches, letzteres ein antikes Motiv. Die Marmortäfelung am untern Theil der Wände deutet ebenfalls auf orientalischen Einfluss. Die Mosaiks zeigen eine reiche und sehr geschmackvolle Ausbildung des Ornaments, dessen Zeichnung auch noch ganz im antiken Sinne ist; ihre Farbengebung aber hat eine merkwürdige Aehnlichkeit mit der des Mosaiks in der Halle des Gebets in der Moschee von Cordova. Dabei enthalten sie schon einzelne christliche Embleme und Gestalten, welche auch an den in diesem Mausoleum stehenden Sarkophagen wiederkehren, z. B. das Lamm mit den 4 Strömen , die Vögel etc.
A. Sarkophag der Galla Placidia. B. Sarkoph. des Honorius, Bruders der Galla Placid. C. Sarkoph. Constantius, Gemahls derselben. D. u. E. S. der Erzieher Valentinians und Honoria.
In dieser unseligen Zeit immerwährender Zerwürfnisse in der kaiserlichen Familie und dadurch erzeugten unaufhörlichen Bürgerkrieges und Stockens von Kunst und Gewerbe nun war es, wo, nach Contareno zuerst um 421, nach Petavius, Mezeray
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nen, ja selbst unter den Longobarden im Anfang dessen Schicksale getheilt, dass wohl auch auf gleiche Kunstrichtungen zu schliessen sein dürfte. Da nun die Lombarden alle alten venetischen Städte gänzlich zerstört hatten, so glauben wir es gerechtfertigt, wenn wir die ravennatischen Bauten statt der zerstörten venetischen eintreten liessen.

 

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