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tigen vom Werkmeister selbst gesetzten Eckstein den einfachen, aber festen Bau der christlichen Kirche gründeten.
Noch sehr viel und lange zwar hatten diese Werkleute zu kämpfen mit dem Einfluss der Gewohnheit, welche die alten überlebten Formen beibehalten und ohne deren Ursprung aus einer längst abgethanen Anschammgs- und Constructionsweise sich zu vergegenwärtigen, immer wieder anwenden wollte. Aber dennoch ist gerade diese Periode des Kampfes zwischen Form und Wesen, zwischen der Anbetung im Bild und der Anbetung im Geist und in der Wahrheit, diese Periode des Kampfes zwischen sterbender heidnischer Kunstfertigkeit und auflebendem christlichen Kunstgefühl, die man gemeiniglich als Periode tiefen Verfalls schmäht, grade sie ist bezeichnet durch eine rasche und kühne, aber tief im Wesen der Sache begründete und daher auch bald allgemein werdende Umwälzung in der Disposition derjenigen Klasse von Gebäuden, die stets den ersten massgebenden Rang einnehmen werden unter allen Erzeugnissen der Baukunst, in der Disposition der Gotteshäuser.
Die Tempel der Alten waren nicht Versammlungshäuser der Gemeinden, sondern Häuser der Götter, ohne deren Bild der Tempel ein werthloses Gehäuse blieb. Der eigentlichen Wohnstätte des Gottes selbst, der
„Cella", schloss sich das gemeiniglich nach der einen Seite hin ganz offene Vorgemach
(prostylos) und das Hinterhaus
(opistodomos) für die Schätze des Tempels an; über alles spannte sich das Dach, von Säulen gestützt. Diese Säulenhallen nun gaben dem Tempel, der an sich ein von der Aussenwelt sonderndes, abgeschlossnes Ganze bildete, den Charakter des Offnen und Gastlichen, wurden aber noch durch mächtige Stufen der gewöhnlichen niedern Fläche des irdischen Verkehrs entrückt.
Die neue Religion aber lehrte, der Mensch sei nicht ein Fremdling im Hause Gottes, der da müsste draussen stehen bleiben in der Säulenhalle und nicht eintreten dürfe in die Zelle, er sei vielmehr der Sohn Gottes, der in das Haus seines Vaters geladen und dort vor seinen Richterstuhl gefordert werde, um mit ihm abzurechnen über die empfangenen Pfunde und Vergebung zu erhalten für seine Sünden, um des unschuldigen Todes Christi willen. Als Bild dieser Versöhnung nun gilt die Spendung des unblutigen Opfers, des heiligen Nachtmahls, das Christus selbst eingesetzt hat. Zum Andenken an die Versiegelung des neuen Bundes durch den Tod Christi wird dies Liebesmahl, so wie die Aufnahme in den Bund, die Taufe, über den Gräbern frommer Christen oder der Märtyrer gefeiert. („Was lassen sie sich taufen über den Todten." 1. Cor. 15, 29.)
Alles dies geschah während der grausamen Verfolgungen, denen