Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 58 60

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Pividor zeichnete dasselbe kurz vor dessen 1844 erfolgter Abtragung im Auftrage des Professor Selvatico für dessen Werk1); es hatte im Erdgeschoss niedrige, bei 1 1/2, F. Durchmesser blos 6 F. hohe Säulen mit römischen Kapitälen von 2 F. Höhe, verbunden durch halbkreisförmige Bogen von circa 7 F. Spannung, deren Archivolten von 1 Fuss Breite in quadratische Felder mit Rosetten getheilt waren. Darüber, die Scheitel der Archivolte beinahe berührend, lief ein Gurtsims, bestehend aus jenem so häufig wiederkehrenden Blättercarniess mit überhängenden Blattspitzen (s. Fig. 35) mit einem flachen, langgestreckten Zahnschnitt darüber.
Auf diesem Gurtsims erhob sich eine zweite Arcade von gekuppelten, im Schaft etwas über 8 Fuss messenden schlanken Säulen mit Glockenkapitälen und gemeinschaftlicher Deckplatte getragen, desgleichen wir noch an mehreren Gebäuden der in Rede stehenden Periode finden werden; diese Säulen waren so vertheilt, dass auf 4 Bogen des Untergeschosses 5 des obern kamen. Die Bogen des obern waren etwas überhöht, hatten eine platte Archivolte, mit dem Doppelzahnschnitt nach innen und nach aussen eingefasst, welcher sich auch über diesen Bogen ungefähr 1 1/2 Fuss von ihrem Scheitel entfernt, gewissermassen als Gurtsims horizontal hinzog. Darüber standen in einem circa 3 F. hohen Friesse allemal über den Säulen Scheiben mit Thieren, dann folgte ein Gurtsims ähnlich dem über dem Parterre, dann wieder ein Friess und dann auf einem schwachen, mit Zahnschnitten verzierten Brüstungsgurt eine Reihe Stichbogenfenster; dazwischen waren alte Platten mit Ornamenten eingefügt; diese Platten waren theils scheibenförmig, theils unten eckig, oben rundbogig geschlossen mit einem kleinen Ansatz zum Eselsrücken; alle waren mit symbolischen Pflanzen- und Thier-Ornamenten besetzt; auf ganz ähnliche Details kommen wir sogleich bei erhaltenen Gebäuden zurück. Der Hauptsims war jedenfalls nicht der ursprüngliche.
Der Palast Loredan auf der Piva del Carbon trägt zwar im Ganzen das Gepräge der Bauten vom Ende des 10. und Anfang des 11. Jahrhunderts an sich, hat aber mehrfache Veränderungen erfahren und zwar einmal, jedenfalls im 14. Jahrhundert, sind die Wappen und Helme, sowie die sitzenden Figuren in den Vierblättern mit Baldachinen an seinem obern Theil an der Stelle, einiger von den dort eine Reihe bildenden Scheiben eingesetzt worden.
Zu Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts ist die obere Etage, die früher jedenfalls eine durchbrochene Brüstung zwischen den
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1) S. Selvatico sulla architettura etc. in Venezia, Venedig bei P. Ripamenti Carpano 1847. S. 75.

 

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