Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 41 43

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Westseite der Säule liegt eine quadratische Marmorplatte, wahrscheinlich damit der Sänger sich darauf stelle.
Schon sehr bemerkbar ist an diesem Denkmal der Einfluss von Bizanz. "Wie dieser Einfluss in den Zeitverhältnissen begründet war, wie er sich immer mehr und mehr geltend machte, das näher zu beleuchten, dürfte wohl hier nicht am Orte sein, da mit dem Auftreten dieses bizantinischen Einflusses das Mittelalter in der Kunst beginnt.
Ziemlich gleichzeitig mit dem eben beschriebenen Oratorium wurde das Baptisterium des Doms von (Divìdale errichtet. Vom heiligen Callista, Patriarchen von Aquileja, unter der Herrschaft Liutprands erbaut und kurze Zeit darauf, nach dem Sturz des Lombardenreichs, vom Patriarchen Sigwald († 776) reparirt, zeigt das Baptisterium im Grundriss ein Achteck; acht Säulchen von verdorbener corinthischer Formgebung stehen auf einer im Achteck sich herumziehenden Sockelmauer, deren eine Seite offen ist. Die Säulen tragen Rundbogen, über deren einem zwei Pfauen eingemeisselt sind, die eine Blume zerrupfen. Das Ganze ist durch einen Sims von schlechter römischer Formgebung geschlossen, dessen Fries eine lange Inschrift trägt, die in schlechten lateinischen Versen die Geschichte der Erbauung und die Namen der Erbauer enthält. Die Felder der Sockelmauer enthalten in ganz flachem, dem Niello ähnelnden Relief rohe und bizarre Sculpturen. Zwei davon stellen die Thiere der Evangelisten vor, das dritte ein Kreuz mit zwei Palmen und zwei Candelabern zur Seite und von vier Kreisen umgeben, in denen die Symbole der Evangelisten, äusserst roh gearbeitet, wiederkehren, in den ungestalteten Klauen Bücher haltend. Die Kreise tragen Inschriften, auf den Evangelisten bezüglich.
Das Grab des Herzogs Perno v. Friuli in der Kirche S. Martin in Cividale und Gitterbrüstungen im Dom von Aquileja zeigen denselben Stil, dieselbe rohe Arbeit und dieselbe Anwendung thierischer Symbole; alles Beweise des schon beginnenden Einflusses byzantinischer Kunst, bei noch nicht besiegtem Vorherrschen der tiefgesunkenen spätromanischen oder lateinischen Architektur.

 

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