Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 288 290

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Piccino und Bartolomeo Rizzo aus Venedig nach Padua gesendet worden, um den zum Theil eingeäscherten Palazzo della Raggiane zu restaurimi; wenn man nun diesen Bartolomeo als Vater des Antonio annehmen will, so kann er auch während dessen Aufenthalt in Padua geboren sein; dies ist aber im Ganzen ziemlich gleichgültig, da Bartolomeo im Dienste der Republik stand und also auch während seines Aufenthalts in Padua zweifelsohne als Venetianer zu betrachten ist. Um dieselbe Zeit lebte in Venedig ein Steinmetz Pietro Rizzo und diesem wurde nach Foscaris Tod im Verein mit Antonio (der also auch Pietro's Sohn gewesen sein kann) die Ausführung eines Grabmals für Francesco Foscari aufgetragen. Antonio kann also nicht erst um 1450 geboren sein, wie Selvatico meint, sondern spätestens um 1440. Dem sei nun, wie ihm wolle, jedenfalls war er bei Beginn dieses Denkmals noch sehr jung. Wahrscheinlich ist es, dass der ältere Pietro noch am gothischen Styl hing, der jüngere Antonio hingegen den schon lebhaft auftauchenden Hang nach antikisirenden Formen theilte und bei Ausführung dieses Werkes zur Geltung zu bringen suchte. Dazu fehlte es ihm aber an Vorbildern und so entstand eine Missgeburt, wie es bei so kämpfenden Elementen kaum anders möglich war. Die Architectur ist ein schlecht verstandenes Gemisch gothischer Formen mit antikisirendem Simswerk und die Statuen sind schwerfällig, fast unförmlich und nur in einzelnen Partien des Faltenwurfs, sowie in einzelnen Extremitäten scheint sich der erwachende Genius des später so bedeutenden Künstlers Bahn brechen zu wollen.
Die hohen Cancellen des Sängerchores in der Kirche Frari, im Jahre 1475 vollendet, zeigen noch vielfach gothische Formen, namentlich in den Consolen, welche die kanzelähnlichen Brüstungen tragen, die hier an die Stelle der Ambonen getreten sind. Die Chorstühle selbst scheinen etwas früher gearbeitet zu sein, sie zeigen namentlich in den Formen der Holzmosaiken, mit denen sie reichlich verziert sind, vielfach mittelalterliche Motive, so dass wir vermuthen, dass sie spätestens um 1460 begonnen wurden. Auf die Cancellen selbst, und namentlich auf ihre Bildhauerarbeiten hier näher einzugehen, ist nicht rathsam, weil bei aller gothischen Reminiscenz dennoch die Renaissance in ihren Formen vorwiegt.
Den Chorstühlen von S. Maria aï Frari in vielen Beziehungen sehr ähnlich sind die in St. Stefano, an denen sich mittelalterliche und Renaissanceformen in wunderlicher Vermischung zeigen; so sind z. B. die Vorderfüsse der Sitze achteckige gothische Pfeilerchen mit venetianisch-gothischen Kapitälchen, die Backenwände, welche die einzelnen Sitze von einander trennen, sind reich mit mittelalterlichem Laubwerk verziert,

 

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