Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 243 245

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Eine Jugendarbeit seiner Söhne Paolo und Giacomello soll nach Oretti, wie bereits erwähnt, der Hauptaltar in S. Francesco zu Bologna sein. Derselbe stammt aus dem Jahre 1338, wo der ältere dieser beiden Söhne, Paolo, nach unserer obigen Annahme bereits das 30. Jahr überschritten hatte; dieser Altar ist nach Disposition und Arbeit einer der schönsten, welche aus jener Zeit erhalten sind. Er war lange Zeit auseinandergenommen und aufbewahrt, da das Kirchengebäude zu profanen Zwecken verwendet ward; in den Jahren 1848—50 jedoch hat man diese schöne Kirche vollständig und mit vielem Verständniss restaurirt, und dabei auch den Altar mit allen seinen Vialen, Figuren, Consolchen, Tabernakeln etc. wieder aufgestellt, alles Fehlende und Beschädigte auf das sorgfältigste und gewissenhafteste restaurirt und so dieses Prachtwerk den staunenden Blicken des Beschauers wiedergegeben; die Formation der Architecturtheile zeugt von germanischem Einfluss, die ganze Anordnung hat Vieles, was an die Altäre und Grabrnäler in den Kirchen von Fisa und Lucca erinnert, die Figuren zeugen deutlich von dem Einwirken der sienesischen Meister auf ihre venetianischen Schüler; hier und da aber gibt sich noch ein Schwanken zwischen germanischen und pisanischen Einflüssen kund und stellenweise, namentlich an den Gewandungen, kommen noch byzantinische Reminiscenzen zum Vorschein. Ob, wie von Einigen vermuthet wird, den beiden Venetianern auch der Campanile dieser Kirche zuzuschreiben ist, das vermögen wir nicht zu entscheiden, jedenfalls ist der venetianische Einfluss an den Formen dieses Thurmes, sowie auch an der, wahrscheinlich wenigstens in den untern Theilen etwas frühern Westfront kaum hinweg zu leugnen. Dieser venetianische Einfluss zeigt sich mehr oder weniger deutlich an sehr vielen Bauwerken jener Zeit in den Städten der Romagna, so namentlich an folgenden:
Portal der Kirche S. Giovanni Evangelista in Ravenna, dessen Kriechblumen und Tabernakel ganz den venetianischen gleichen.
Dom zu Perugia, namentlich äusserlich; die daselbst im Freien angebrachte Kanzel und einige Nischen mit geschweiften Giebeln bekunden dies.
Viele Grabmäler, namentlich in Pistoja und Verona; Einzelnes an der Façade der Kirche S. Polo in Pistoja, namentlich die Formation des Maasswerks, der Kriechblumen, Tabernakel etc.
Kanzel in S. Fermo maggiore in Verona.
Altar und Grabmäler in der Kirche S. Giacomo maggiore in Bologna.
Kirche S. Giulian in Ferrara.
Freilich zeugen auch wiederum viele Gebäude in Venedig von Einflüssen, die vom Festland her gekommen. Bei dem Wanderleben der

 

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