Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 220 222

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2)   Ebenso, aber noch eine Reihe Halbkreise über jene vollen Kreise gesetzt.
3)   Sich durchkreuzende Halbkreise und noch eine Reihe voller Kreise darüber; dadurch wurden die untersten Bogen zu reinen Spitzbogen und dürften wohl alle Combinationen von vollen Kreisen mit Spitzbogen in dieselbe Zeit fallen, sowie auch alle Spitzbogenfenster mit rein gothischem Maasswerk, Rosetten mit Schneusen etc., kurz Alles, worin germanischer Einfluss sich kundgibt, da auch, wie wir sehen werden, zu jener Zeit deutsche Künstler in Venedig erschienen, wohl auch durch jene Kriege und die vielen Besitzungen auf dem Festland mancher fremde Einfluss sich erklären lässt.
4)   Sich durchkreuzende Eselsrücken, die also unten ebenfalls einen Spitzbogen bilden.
5)   Eine Reihe reiner Spitzbogen oder Rundbogen, direct durch die horizontale Linie überdeckt und so schon sich den Einflüssen der Renaissance wenigstens in der Disposition beugend.
Da aber, wie gesagt, eine scharfe Bestimmung der Entstehungszeit fast bei keinem dieser Bauten möglich ist, so werden wir zuvörderst nur diejenigen anführen, welche ganz unleugbar das Gepräge dieser Entwickelungsstufen an sich tragen und dann zu kurzer Betrachtung der übrigen weniger scharf charakterisirten übergehen.
ad 1) Ausser der ersten Etage des Dogenpalastes und den bereits besprochenen Palästen Sagredo, dei Mori, Cavalli alle poste, dem Haus neben der Cá d'oro, und Pal. Durazzo unweit S. Maria del Orto gehört hierher noch das Erdgeschoss und erste Hauptgestock des Palastes Pisani Moretta am grossen Kanal unweit der Ausmündung des Bio di S. Polo. Im Erdgeschoss stehen zwei Thore neben einander, welche ziemlich dieselben Verhältnisse haben wie das Hauptthor des Palastes Molin, die dieselben schliessenden Spitzbogen haben nur kleine Schneppen, zu beiden Seiten stehen Stichbogenfenster von den gewöhnlichen gedrückten Verhältnissen mit ziemlich hohen Brüstungen. Die Mezzanafenster sind verändert worden; das erste Hauptgeschoss enthält einen sechstheiligen Portego von beinahe zu schlanken Verhältnissen, so dass dis Säulen mit Capitäl und Fuss über l1/2 mal so hoch sind, als das Maasswerk; die Eselsrücken haben keine Nasen; die Kreise sind gerade wie beim Dogenpalast, die Glieder etwas reiner gothisch, die Zwickel über den Kreisen enthalten Engelsköpfchen mit ausgebreiteten Flügeln. Der Balkon erstreckt sich, nach dem gewöhnlichen Typus gestaltet, über die ganze Breite des Portego, zu dessen Seiten je zwei Balkontenster mit Blumen, aber ohne Nasen und Scheiben stehen.

 

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