Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 104 106

S. 105

gebaut ist. Am Sockel dieses im 11. Jahrhundert erbauten Thurmes sind zwei Löwen von Marmor, deren einer eine Schlange, der andere einen Menschenkopf zwischen den Tatzen hält, den die Sage für den Kop f des 1432 hingerichteten Carmagnola ausgibt; diese Löwen sind
aber offenbar romanisch, wie sich ja dergleichen an den romanischen Bauten fast überall finden und jedenfalls, wenn nicht rein ornamental
doch blos religiös symbolisch.
Kirche S. Apollinare, gen. S. Aponal, 1034 errichtet von Alessandro Scievolo von Ravenna, und dem Heiligen seiner Heimath gewidmet; jedenfalls ist sie zu Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts umgebaut, 1383 restaurirt worden. Beide Male aber hat man Vieles vom Alten beibehalten; der Glockenthurm z. B. ist alt, nur wie es scheint im 14. Jahrhundert nahm man das Zeltdach ab und setzte auf den würfelförmigen Pavillon, den der ursprüngliche Thurm mit seinen Zeitgenossen gemein hat, noch einen kleinen achteckigen, mit acht kleinen Fenstern und einem niederen Zeltdach; ferner scheint uns vom ursprünglichen Bau ein grosses Marmorcruzifix herzurühren, welches bei der Restauration von 1583 über dem Hauptportal an das Mauerwerk des westlichen Giebels angeklebt wurde, wo vorher ein grosses Radfenster gewesen zu sein scheint. Der Christus ist kurz und gedrungen, hat einen starken Oberkörper und entsprechende, ziemlich lange Arme, während die Beine, ziemlich kurz sind. Bemerkenswerth ist die Art, wie die Füsse gestellt sind; der Kopf ist sehr bedeutend vorwärts geneigt, der obere Kopf, wahrscheinlich ein Gott Vater, sowie der untere, das Porträt des Titelheiligen, deuten auf byzantinischen Einfluss, die beiden Köpfe an den Enden des Querarmes sind rein romanisch in Stellung und Behandlungsweise; über die Meisselung und Finessen lässt sich nicht viel sagen, weil das ganze im Laufe der Jahrhunderte schon sehr durch das Wetter gelitten hat; wir glauben, dass die Abbildung dieses interessanten Werkes frühmittelalterlicher Sculptur in Fig. 49 unsern Lesern nicht unwillkommen sein wird. Der untere Theil, die Bischofsinsignien nebst Umgebung, sind jedenfalls viel neuer und rühren gleich der Schrifttafel von der Restauration von 1583 her.
San Agostino. Diese Kirche wurde allerdings schon 1001 von Pietro Marturio Quintavalla, Bischof von Olivolo, gebaut, brannte aber total ab und wurde in Folge dessen 1639 neu gebaut, ist also erst später zu betrachten.
San Tomà, 917 von der Familie Miani gestiftet, scheint noch den alten Fussboden zu haben, obgleich sie häufigen Restaurationen unterworfen war, daher wir auch später öfter auf dieselbe zurückkommen werden.

 

Impressum Venedig