Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 48 50

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von S. Giacomo wenigstens noch die Grundform und vielleicht auch einige der Details, welche bei den zahlreichen Reparaturen wieder angewendet worden sein mögen. Der Grundplan, s. Fig. 28 ist zwar der einer dreischiffigen Basilika mit Pronaos, aber von den sechs Säulen, welche die drei Schiffe trennen, haben vier augenscheinlich dazu gedient, eine Kuppel zu tragen, von der noch die grossen, die Säulen verbindenden Gurtbogen, sowie Theile der Pendentifs erhalten sind; zu den beiden Seiten des quadratischen Chors befinden sich capellenartige Ausbaue, welche aber später sein können, die Vorsprünge aber, welche das Querschiff gegen die Seitenschiffe hat, sind jedenfalls alt und so hat dieser Grundplan, wenngleich den allgemeinen Charakter aller Basiliken tragend, doch schon viele byzantinische Motive in sich aufgenommen und nähert sich der Kreuzform mit der Centralkuppel; nur der Pronaos vor den drei Thüren ist noch echt lateinisch; Säulen und Kapitäle sind zwar alle spätrömischer Form, aber ihre Verschiedenheit bekundet, dass sie von mehreren älteren Gebäuden entnommen sind; die Art der Meiselung deutet auf das 5. oder 6. Jahrhundert; die abgestutzt kegelförmigen schweren Kapitälplatten aber, die sie auf ihren Glocken tragen, sind jedenfalls vom ersten Dritttheil des 6. Jahrhunderts; sie ähneln sehr denen an S. Apollinare in Classe und an S, Martin und S. Vitale in Ravenna, und an der Cathedrale von Parenzo in Istrien, die vor der Einnahme Parenzo's durch die Venetianer schon Reparaturen unterworfen war und im 6. Jahrhundert erbaut wurde, sowie an arabischen Constructionen aus dem 7. und 8. Jahrhundert.
Da S. Giacomo ausser den schon erwähnten Reparaturen (S. 46 u. 47) im Jahre 1194 nochmals von der Familie Caldiera restaurirt wurde, da man endlich 1531 das Pflaster erhöhte, so ist weder von den Wandmalereien, noch vom Fussboden etwas Altes erhalten, selbst die Säulenfusse sind nicht mehr zu sehen, also auch über die Höhenverhältnisse kein Urtheil mehr zu fällen.
Santa Fosca auf Torcello. Diese Kirche ist zwar weniger als die vorige durch Restaurationen verändert worden, über ihre Erbauungszeit aber ist eine sichere, Nachricht gar nicht vorhanden. Viele Chroniken wollen zwar behaupten, sie sei schon im 9. Jahrhundert gebaut, haben aber gar keine Beweise für ihre Behauptung anzuführen; erwähnt wird sie zuerst in einem notariellen Instrument vom Jahre 1011.
Betrachten wir zunächst ihren Grundriss (S. Fig. 15, S. 28), so finden wir ein griechisches Kreuz mit sehr kurzen Schenkeln, die aber doch gewissermassen in Mittel-und Seitenschiff getheilt sind; die ersteren sind mit Tonnengewölben, die letzteren mit Kreuzgewölben überdeckt, getragen von Pilastern und Säulen. Aeusserlich bildet das Ganze ein

 

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