Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 160 162

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Monate des Jahres vorgeschriebenen Arbeiten. Die Arbeit bietet noch immer Reminiscenzen des Byzantinischen, doch sind die Bewegungen schon etwas freier, und das Relief nicht ganz so gleichmässig, als bei den Arbeiten des ersten Bogens; all dieses sowie das Costüm der Figuren deutet auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts als Arbeitszeit hin; die Kante zwischen Stirn und Laibungsfläche ist durch ein gewundenes Stäbchen verziert.
Der grosse Bogen nun unmittelbar unter den Pferden, welcher, wie wir oben erwähnten, bis über die Gallerie hinaufragt, obgleich er, wahrscheinlich um diese Inconvenienz möglichst zu vermindern, etwas gedrückt ist, unterscheidet sich in Anordnung und Ausführung seines Schmucks wesentlich von den übrigen. Die breite Archivolte desselben ist von der Laibung durch einen Doppelzahnschnitt getrennt; nach aussen umgibt dieselbe ein Sims mit folgenden Gliedern. Zunächst an der Platte der Archivolte ein Plättchen, darauf ein flacher Zahnschnitt, dann ziemlich starke Hohlkehle, Zahnschnitt, Plättchen und Platte. Die Breite der Archivolte nebst Gliedern beträgt 2 Fuss 8 Zoll, wovon 8 Zoll auf die Glieder kommen, davon nimmt die Platte über 3 Zoll weg; eine genaue Messung ist bei dem verwitterten Zustand des Bogen und bei den vielfachen, theils ungeschickten Reparaturen an den Gliedern kaum möglich. Auf dem Kämpfersims nun ruht zu jeder Seite ein Consolchen, welches eine sehr verwitterte Chimäre stützt, aus deren Kopf die Glieder herausgehen. Diese Anordnung war hier nöthig, um das Vorstehen dieser Glieder über den Kämpfersims zu verstecken.
Auf der glatten Stirnfläche der Archivolte selbst nun stehen zu jeder Seite (neben jenen Chimären), je zwei kleine Männergestalten, die zusammen eine Vase tragen, deren Formen auf die Zeit nach 1250 hindeuten, und aus der volles, üppiges krauses Blattwerk herauswächst, welches sich in fetten Blättern rechts und links abzweigt; die Hauptranke aber zieht sich in acanthusartiger Schwingung herum, und bildet bis in die Gegend des Scheitels vier halbkugelige Ballenblumen, welche mit ihren rosen- oder georginenartig vielgetheilten Körpern weit aus dem Grund vortreten und so gewissermassen die ganze Bogenfläche in 9 Theile trennen, deren oberster am Scheitel etwas breiter ist, als die anderen; dieses oberste Feld, welches von Blattwerk ganz frei ist, enthalt drei Brustbilder, unserm Dafürhalten nach ein segnender Christus, mit zwei Propheten zur Seite. Die nun folgenden (drei auf jeder Seite) enthalten zwischen den Blumen und den dieselben verbindenden Ranken theils sitzende, theils stehende männliche und weibliche Figuren, die manchmal einzeln, manchmal zu zweien in die Felder vertheilt sind; die Tradition gibt sie für Propheten aus, ob das aber wahr sei, vermag man kaum

 

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