Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 136 138

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byzantinischer Anordnung lateinische Heilige mit lateinischen Inschriften. Die Falten auf diesen Figuren, die Technik der Bearbeitung, die Ornamente etc., Alles deutet darauf hin, dass diese Thür eine Nachahmung der oben S. 99 bereits erwähnten ältern byzantinischen Bronzethür ist.
Wahrscheinlich wurde es also zu jener Zeit für zweckmässig erachtet, die ursprünglich offenen (s. ob. S. 81) Bogen der Vorhalle durch Thüren zu schliessen; aus dieser Zeit mögen also wohl auch die Gewände dieser Thüren, sowie die zu den Seiten derselben stehenden Säulen und vielleicht auch die darüberliegenden hinteren kleinen Archivolten ihrer Hauptform nach sein, während die sie schmückenden Umkleidungen und die Mosaiklünetten jedenfalls später als 1205, wenn nicht gar, gleich denen an dem äussersten Bogen, erst aus dem Ende des 14. Jahrhunderts sind. Von den Schäften und Füssen der in den Bogenlichten zur Seite der in Rede stehenden Thür befindlichen Säulen gilt das, was wir von den an der Vorderseite der Pfeiler stehenden oben S. 83 sagten, die Kapitäle aber weichen, wie ebendaselbst erwähnt wurde, in etwas von jenen ab.
Die Fertigung derselben scheint in die Jahre kurz nach dem Brande zu fallen, durch welchen die Venetianer zu neuem Aufschwung im Baufache angetrieben wurden, indem sie zugleich durch die ausgebrochenen Feindseligkeiten mit dem morgenländischen Kaiserreich vom byzantinischen Einfluss etwas freier und dafür durch lebhaften Verkehr mit den Normannen dem normannischen Einfluss in etwas unterworfen wurden. Man scheint aber sehr langsam in dieser Decoration der Vorhalle fortgeschritten zu sein, da, wie wir sehen werden, nicht nur äusserlich an derselben, sondern auch am Pflaster und der Mosaicirung ihrer Kuppeln bis spät in das 14. Jahrhundert hinein gearbeitet wurde.
Was nun die Form der mehrerwähnten Kapitäle betrifft, so haben einige davon einen den corinthischen ähnlich geschweiften Abakus und darunter zwei bis drei Reihen Acanthusblätter, zeigen also immer noch ein Anlehnen an antike Disposition ; aber die Acanthusblätter stehen nicht ruhig aufrecht, sondern biegen sich in lebhafter Schwingung erst nach links und der Ueberschlag ist nach rechts gerichtet, so dass sie Wie vom Wind gepeitscht erscheinen. Dabei sind sie sehr weit herausgearbeitet; bei einigen ist sogar die Acanthusform ganz verlassen; in ihrer Bewegung haben sie sehr viele Aehnlichkeit nicht nur von einzelnen Kapitälen an den normannischen Bauten in Cefalû und Palermo, sondern auch namentlich von denen des Kapitelsals und Kreuzgangs in Fossa nuova und andern in Calabrien. Andere haben allerdings einen gradseitigen Abakus und überhaupt eine byzantinische Hauptform, zeigen aber in ihren Details keineswegs weder antikisirende noch orientalische

 

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