Geschichte der Architektur und Bildhauerei in Venedig 99 101

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Ueber der Hauptthür befinden sich sieben kleine Mosaikbilder, welche auch aus dem 11. Jahrhundert zu sein scheinen; wahrscheinlich waren bei Beendigung des Baues 1071 die Obertheile der innern Wand, die jetzt durchgängig mit Mosaik bedeckt sind, zum grossen Theile einfach geputzt, vielleicht bemalt, und nur hie und da Mosaikbilder angebracht. Zu diesen mögen ausser den oben erwähnten, die von keinem grossen Belang sind, einige der im rechten Querarm und die in der Hauptapsis gehören, welche in ihrer Anordnung sich denen in den ravennatischen Kirchen und im Dom von Torcello, in der Ausführung, Zeichnung etc. denen in der Sophienkirche in Constantinopel anschliessen.
Die Halbkuppel der Apsis nimmt ein thronender Christus auf Goldgrund ein. Die Halbkuppel selbst ist mit einem Ornamentenstreifen ein-gefasst; darunter zwischen den Fenstern stehen die vier Evangelisten, die Zwickel der davorliegenden Kuppel füllen die symbolischen Thiere der Evangelisten aus; zwischen den Fenstern sind stehende Rankenornamente, in der Kuppel selbst Engel etc. angebracht. Die untern Theile der Pendentifs, Stirnen und Leibungen der vier die Kuppel stützenden schmalen Gurte sind mit Ornamentenranken überzogen; nur die der Kreuzung zugekehrte Stirn des Bogens r r ist mit einer Inschrift besetzt. Die andern Mosaiken im Innern, sowie auch die der Seitenapsiden und Vorhalle sind sämmtlich später.
Von einem Beginn der Mosaicirung der Marcuskirche seit dem Ende des 10. Jahrhunderts, wie es Kugler annimmt, kann natürlich nicht die Rede sein, da der 976 gegründete Dom nur in wenigen Ueberbleibseln an Holzwerk sich bis zum Beginn des Baues der jetzt stehenden Kirche erhielt.
en Ausser den hier näher beschriebenen wichtigeren Kirchenbauten wurden in der Zeit von 800—1077 in Venedig und den zugehörigen Orten natürlich noch sehr viele andere Kirchen und öffentliche Gebäude errichtet, von denen aber nur sehr wenige noch etwas von ihrer ursprünglichen Form aufweisen, ja von sehr vielen ist blos die Nachricht ihrer Errichtung noch übrig; die hauptsächlichsten sind folgende:
Im Sestiere del Castello :
Die Kirche S. Pietro del Castello, seit der Gründung des Castells (s. S. 44) Cathedrale von Venedig; der hier residirende Bischof nannte sich bis 1097 Bischof von Olivolo, dann von Castello und seit dem Aussterben des Patriarchats von Grado im Jahre 1451 Patriarch.
Die Kirche soll 430 gegründet und 841 von Orso Partecipazio, der damals Bischof war, vollendet worden sein; seitdem wurde sie oft erneuert, 1621 aber vollständig neu gebaut. Von diesem Bau also weiter unten.

 

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