San Michele in Isola

 


San Michele und die Cappella Emiliana

San Michele und die Cappella Emiliana

Beschreibung

Im 13. Jahrhundert siedelten sich Kamaldulenser auf der heute als Friedhof genutzten Insel San Michele an, die den Mönchen 1212 von den Bischöfen von Torcello und San Pietro di Castello geschenkt wurde. Eine erste gotische Kirche mit drei Schiffen wurde 1221 von Kardinal Ugolino di Segni geweiht.
Der Neubau des 15. Jahrhunderts ist ein Schlüsselbau der venezianischen Renaissance und, so der Bauherr Abt Pietro Delfino 1473 in einem Brief, eine Wiedergeburt antiker Architektur. Die dreigeteilte, im Mittelschiff von einem halbkreisförmigen Tympanon abgeschlossene Fassade wird Mauro Codussi zugeschrieben und entstand um 1469.

Fassade
Detail

Im Untergeschoß der ganz mit pietra viva verkleideten Fassade sind große Platten von istrischem Kalkstein zu einer feinen Bossierung mit ebenem Spiegel und Saumschlag verarbeitet. Die Bossierung ist über die Pilaster geführt, welche das Mittelschiff von den Seitenschiffen absetzen. Die Seitenschiffe werden durch hohe Rundbogenfenster der Schauseite belichtet. Im Mittelschiff, oberhalb des Gebälks, sind große Marmorplatten mit vier Porphyrtondi und zentraler, abgesetzter Rose angeordnet; im Giebelfeld ein gleichfalls aus Porphyr bestehender ovaler Tondo. Die Fassade trägt die Inschriften HOC IN TEMPLO SUMME DEUS EXORATUS ADVENI ET CLEMEN[TI] BON[ITATE] PR[AECES] VO[TA] SUSCIPE (unterhalb des Gebälks), DOMUS MEA DOMUS ORATIONIS (im Giebel) und DIVI MICHAELI AR TEMPLUM (Portal).
Was die mit geraden wie gedrehten Kanneluren oder aber mit Girlanden versehenen Kapitelle des fünfjochigen Schiffs angeht, ist es wahrscheinlich, daß sie von einem 1474-77 in den Dokumenten des Klosters nachweisbaren Steinmetz Taddeo stammen. Sehr wahrscheilich erklärt sich der Grundriß aus der Wiederverwendung der Fundamente des gotischen Vorgängerbaus. Das Presbyterium besitzt eine Kuppel. Die Decken von Mittelschiff und Seitenschiffen sind in drei respektive zwei Reihen quadratischer Kassetten aufgeteilt, wobei die Kassetten in der Mitte eine goldene Rose auf rotem Grund aufweisen.
Vermutlich stammt auch der im zweiten Joch befindliche Barco, eine den Mönchen vorbehaltene und vor 1481 entstandene Empore, von Taddeo. Der Barco ruht auf fünf Bogen, die von Pilastern getrennt sind und besitzt zum Altar hin eine stark durchbrochene Transenne auf einem Gesims. An der Innenseite des Barco sind zwei Gemälde angebracht: ein Martyrium des Hl. Bruno Bonifacio von Gregorio Lazzarini (1710) sowie und ein weiteres Werk des 18. Jahrhunderts.
Vor 1480 entstand auch die nördlich anschließende Cappella Priuli (Cappella del Crocifisso). Der Hauptaltar im Presbyterium, auch Cappella Loredan genannt, wurde 1686 von Sante Trognon geschaffen und besitzt drei lebensgroße Figuren des Erzengels Michael von Pietro Callalo sowie die Heiligen Benedikt und Romuald von Francesco Penso genannt Cabianca, einem Schüler von Giusto Le Court.
Die meisten Grabmale in der Kirche konzentrieren sind im Bereich vor und unter dem Barco und entstammen dem 16. Jahrhundert. Zu den Bestatteten gehören unter anderem Domenico Priuli aus dem Zweig S. Severo (†1501), Pietro Priuli aus dem Zweig von S. Sofia (†1511) und Domenico Gradenigo, ferner im Mittelschiff der podestà Venedigs Francesco Calbo Crotta (†1827) und Lodovico Leonardo Manin (†1853), Neffe des letzten Dogen Lodovico Manin. Die Gebeine von Fra Paolo Sarpi wurden erst 1828 nach San Michele verbracht.
Die nordwestlich der Kirche befindliche, sechseckige Cappella Emiliana mit steinerner Kuppel und Verkleidung in Kalkstein entstand 1525-1543 nach Entwurf von Guglielmo de Grigi. Sie ist durch einen schmalen Gang mit der Kirche verbunden, besitzt aber auch ein eigenes Portal nach außen. Der Bau wurde bis 2005 einer durchgreifenden Restaurierung unterzogen.

Die großen, südlich der Kirche befindlichen Klosteranlagen der Franziskaner gruppieren sich um zwei Kreuzgänge, die aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammen und zahlreiche Grabplatten enthalten. Im 19. Jh. wurde im Rahmen der Schaffung eines Zentralfriedhofs (eines der ersten Anliegen der napoleonischen Verwaltung) die Insel San Michele mit der Insel San Cristoforo verbunden della Pace. Der gleichnamige Augustinerkonvent nebst zugehöriger, S.Elena ähnelnder gotischer Kirche, welche nach dem Frieden von Lodi zwischen der Republik Venedig und dem Herzogtum Mailand 1454 benannt war, wurde 1806 abgerissen.
1827 und 1889 wurde San Michele restauriert. Seit 2007 findet erneut eine Restaurierung statt. Die noch auf der Insel verbliebenen wenigen Franziskanermönche werden nach San Francesco della Vigna umgesiedelt werden.

Literatur

Franceschi, Paolo: Venezia: San Michele in Isola, Venezia s.a.
Wolters, Wolfgang: Architektur und Ornament, München 2000, pp. 64-70, 112

 

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