Piazza San Marco

 

Beschreibung

Markusplatz FahnenmastFahnenmastFahnenmastSäule auf der Piazzetta mit San TodaroSäule auf der Piazzetta mit dem  MarkuslöwenSan MarcoPalazzo Morosini in CanonicaAla Napoleonica/Museo CorrerUhrturmAlte ProkuratienNeue ProkuratienZecca (Münze)Libreria Vecchia/Biblioteca MarcianaCampanile, LoggettaSant'ApolloniaStaatsgefängnis/PrigioniPalazzo Trevisan CappelloPalazzo PatriarcaleDogenpalast/Palazzo DucaleBacino OrseoloBocca de Piazzacoffeehouse Einzelne Elemente der Karte sind anklickbar.
Legende bei langsamem Bewegen des Mauszeigers.

Die Piazza San Marco ist der einzige Platz in Venedig, welcher als piazza bezeichnet wird. Der Markusplatz wird durch die Piazzetta mit der Molo, dem Anlegeufer an der Lagune, verbunden. Der Markusplatz ist seit dem 9. Jahrhundert als Vorplatz der Kirche San Marco, der Privatkapelle des Dogen, nachweisbar, und war bis 1177 im Westen durch den Rio di Batario begrenzt. Im Laufe der baulichen Maßnahmen unter dem Dogen Sebastiano Ziani, zu denen auch die Erneuerung des Dogenpalasts zählte, wurde der Platz nach Westen erweitert. Seit 1267 war der Markusplatz gepflastert, unter dem Dogen Antonio Venier wurde der Belag 1392 erneuert. Auf der Stadtansicht "Venetie MD" sind von Kalksteinstreifen gerahmte Quadrate in fischgrätartig verlegtem Backstein zu erkennen. Dieser Belag wurde aufgrund der hohen Instandhaltungskosten (Erneuerungen sind 1494 und gegen Mitte des 16. Jh. nachgewiesen) und der Umbequemlichkeiten, die der Ziegelbelag beim Promenieren mit sich brachte, im Jahre 1722 durch eine Pflasterung in Trachyt und istrischem Kalkstein nach Entwurf von Andrea Tirali ersetzt, welche wiederum 1888-1889 dem heute noch existierenden Trachytpflaster mit geometrischen Mustern weichen mußte. Das Pflaster Tiralis ist auf einer der beiden Ansichten Visentinis zu sehen.p

Die ursprüngliche Bebauung am Markusplatz, die unter anderem aus dem vorgotischen, polychrom verzierten und in einer Flucht mit dem Campanile stehenden Ospizio Orseolo bestand, geht - wie die alte Pflasterung - teilweise aus dem Gemälde Prozession auf dem Markusplatz von Gentile Bellini (um 1496) hervor. Wie der Dogenpalast hatte das Ospizio im Erdgeschoß Arkaden. Es wurde 1581 abgerissen; die Fundamente existieren aber noch. Von einer großen Brunnenanlage existieren ebenfalls noch unterirdisch Reste.

Der Westfassade des gotischen Dogenpalasts, welche sich zur Piazzetta hin orientiert, steht die im Rahmen der Renovatio Urbis während des Dogats von Andrea Gritti entstandene und in Formen der römischen Renaissance gehaltene, von Jacopo Sansovino entworfene Libreria Vecchia (heute Biblioteca Marciana) als Anti-Palazzo (G. Samonà) gegenüber. Zur Molo hin befinden sich zwei Granitsäulen, die, wie Francesco Sansovino überliefert, aus Konstantinopel stammen und 1125 von einer Expedition des Dogen Domenico Michieli ins Heilige Land mitgebracht worden seien. Angeblich wurden die Säulen, nachdem sie lange Zeit umhergelegen hatten, von dem Lombarden Nicolò Baratteri aufgerichtet und mit Basen und Kapitellen versehen. Eine der Säulen trägt einen bronzenen Markuslöwen, die andere die Statue des orthodoxen wie katholischen Heiligen Theodor Stratelates (venezianisch San Todaro), dem ersten Schutzheiligen der Stadt. Zu Zeiten der Republik wurden zwischen den Säulen der Piazzetta die Hinrichtungen vollzogen.

Biblioteca Marciana
Detail der Libreria

Der Markusplatz wird an der Nordseite von den Alten Prokuratien abgeschlossen, deren Fassade vollständig in Arkaden aufgelöst ist. Die Alten Prokuratien sind bereits 1204 nachgewiesen, wurden aber nach einem Brand im Jahre 1512 unter Bartolomeo Buon bis 1456 erneuert. Dabei wurde auf der ursprünglich zweigeschossige Bau um ein Stockwerk erweitert. 1496 wurde nach Entwurf von Mauro Codussi der Uhrturm (Torre Orologio) errichtet, der direkt an die Alten Prokuratien anschließt und wie ein Stadttor den Anschluß an die Merceria, die Hauptverkehrsstraße zum Rialto, herstellt, und eine astronomische Uhr sowie eine bronzene Glocke besitzt. Das noch auf Bildern von Canaletto erkennbare große Investiturbildnis des Dogen Agostino Barbarigo wurde 1797 entfernt. Es zeigte Barbarigo knieend vor dem Markuslöwen und entsprach im Typus jenem Francesco Foscaris an der Porta della Carta des Dogenpalasts, jedoch war durch seine Anordnung im obersten Geschoß die Semantik eine andere: die Uhr als Ordnungsmetapher — die Ordnungskompetenz der Obrigkeit, denn sie setzt die Zeit (Roeck, p. 84). Ab 1502 wurden durch Pietro Lombardo die beiden Flügelbauten des Uhrturms errichtet. Sowohl die Alten als auch die Neuen Prokuratien besaßen mehrere Arkaden an der Westseite des Markusplatz. Die Mitte wurde von der von Jacopo Sansovino errichteten Kirche San Geminiano eingenommen.

Aus Platzgründen wurden die von Scamozzi errichteten Neuen Prokuratien schließlich um ein drittes Obergeschoß erweitert und durch Baldassare Longhena vollendet. Obwohl in der Bauplastik, von der "Korrektur" der Friese Sansovinos abgesehen, eine Kontinuität zur Libreria erkennbar ist, sorgt die Aufstockung mit einem korinthischen, abwechseld Segment- und Dreiecksgiebel aufweisenden Geschoß für ein Übergewicht der Südseite, dem von der Kritik zumeist ein negatives Urteil beschieden ist und das in künstlerischern Darstellungen des Platzes gerne "korrigiert" wurde.

Sowohl die Alten als auch die Neuen Prokuratien besaßen mehrere Arkaden an der Westseite des Platzes. Die Mitte wurde von der durch Jacopo Sansovino errichteten Kirche San Geminiano eingenommen.

Wesentliches Element des Platzes ist der Campanile von San Marco, der ursprünglich aus dem 11. Jahrhundert stammte und später mit einem spitzen Helm bekrönt wurde. Der Campanile, bisweilen auch El paron de casa (Hausherr) genannt, teilt den Markusplatz in vier Teile. Seit jeher befanden sich am Fuße des Glockenturms Läden. Im fünften Jahrzehnt des 19. Jh. wurden diverse Vorschläge gemacht, diese ansehnlicher zu gestalten, fanden aber keine Umsetzung. 1898 zeigten sich massive Risse, die durch unvorsichtige Umbaumaßnahmen hervorgerufen worden waren. Am 14. Juli 1902 stürzte er ein und beschädigte dabei die Ecke der Libreria und die Loggetta. Der Einsturz ist durch mehrere Photographien überliefert. Noch am selben Abend beschloß der Stadtrat, ihn zu rekonstruieren - dov'era, com'era, wo er war, wie er war. Ausländische Architekten wie Otto Wagner, die unter anderem einen neuen Campanile in Formen des Jugendstils vorschlugen, kamen nicht zum Zuge. Am 25 April 1912, nicht zufällig der Tag des Heiligen Markus, wurde der neue Glockenturm eingeweiht und dem Markusplatz seine alte städtebauliche Konfiguration zurückgegeben. Allerdings ist der heutige Campanile in den Proportionen leicht verändert. Beim Neubau wurde teilweise Baumaterial des alten Turms wiederverwendet, welches zwischendurch im Innenhof des Palazzo Comunale gelagert worden war.

Loggetta
Die Loggetta

Die am Fuße des Campanile befindliche Loggetta wurde nach Entwurf von Jacopo Sansovino errichtet. Wie einer alten, Lorenzo Bastiani zugeschriebenen Ansicht der Piazzetta zu entnehmen ist, hatte die Loggetta einen vorgotischen Vorgängerbau, der als ridotto dei nobili diente. Die neue Loggetta besitzt zwischen den drei Arkaden sowie an den Ecken Bronzestatuen, welche Pax, Pallas, Merkur und Apollo darstellen. In der Mitte der Attika thront Venezia als Justitia über Flußgöttern, die die beherrschten Städte des Festlandes symbolisieren. Die Loggetta, deren Bildprogramm durch die Staatsideologie der Mitte des 16. Jahrhunderts determiniert ist, versinnbildlicht an privilegierter Position schräg gegenüber der Porta della Carta des Dogenpalastes den governo Venedigs.

Zu Zeiten der Republik waren an den drei von Alessandro Leopardi geschaffenen Fahnenmasten vor San Marco die Banner der venezianischen Provinzen Zypern, Candia und Morea gehißt. Der mittlere Mast weist eine Bildnisplakette des Dogen Leonardo Loredan auf.

San Geminiano und der ursprüngliche Abschluß der Piazza nach Westen
Die Westseite des Markusplatzes mit San Geminiano, Kupferstich von Antonio Visentini, 1742

Der Teil des Markusplatzes nördlich der Markuskirche wird nach den dort aufgestellten Löwen als piazzetta dei Leoncini bezeichnet. Der Platz wird an der Ostseite maßgeblich durch den klassizistischen Palast des Patriarchen geprägt, der nach der Verlegung des Patriarchats nach San Marco durch den aus Siena stammenden Lorenzo Santi errichtet wurde und diverse heterogene Bauten aus der Gotik und Renaissance ersetzt, den von Manopola errichteten Bankettsaal allerdings inkorporiert. Bei der Fassade des Palasts kommt ein eigenständiger Dekorationsapparat zur Anwendung, der im Gebiet des Markusplatzes ansonsten nicht vorzufinden ist. An der Nordseite des kleinen Platzes befindet sich die ehemalige Kirche San Basso.

Der Markusplatz im 19. Jahrhundert

Mit dem Ende der Republik und der napoleonischen Besatzung beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte des Markusplatzes. Die im frühen 19. Jahrhundert erfolgten, von ästhetischen Auffassungen des Klassizismus geprägten städtebaulichen Eingriffe im Bereich des Markusplatzes gehen ursprünglich auf den Vizekönig Eugène Beauharnais zurück. Mit einem Dekret vom 11. Januar 1807 wurden die Fabbrica delle Procuratie Nuove di Venezia [...] uno dei Palazzi della Corona und es wurden 666.000 Lire für Umbau und Einrichtung bereitgestellt. Die Leitung oblag Giovanni Antonio Antolini, Professor an der Mailänder Brera. Zum Raumprogramm des Palazzo Reale gehörten insbesondere ein Ballsaal, Repräsentationsräume und eine Prachttreppe. Es stellte sich die Frage, wo und wie diese zu realisieren seien. Gemäß einem Entwurf von Gaetano Pinali hätte, unter Beibehaltung der bestehenden Arkaden der Prokuratien, San Geminiano durch ein Napoleon gewidmetes Tetrastyl ersetzt werden sollen. Antolini hingegen sah anstelle der Granai di Terra Nova, jener gewaltigen, 1807 abgerissenen gotischen Kornspeicher zwischen Neuen Prokuratien und Bacino, einen Kuppelsaal mit einer genauen Kopie der Zecca-Fassade vor. Mit dieser Lösung hätte der Markusplatz nicht angetastet werden müssen. Es wurde allerdings gegen San Geminiano und für einen anderen Entwurf von Antolini entschieden, der anstelle von Sansovinos Renaissancekirche ein Peristyl unter Verwendung der klassischen Säulenordnungen vorsah. 1807 wurden die Arkaden der Alten Prokuratien und San Geminiano abgerissen. Nach diversen Plan- und Personaländerungen wurde die Westseite erst 1812 mit der sogenannten Ala Napoleonica nach Entwurf von Giuseppe Maria Soli bebaut. Im Erd- und Obergeschoß wurde auf die Formensprache der Neuen Prokuratien rekurriert, jedoch dem Bau eine massive Attika aufgesetzt. Der Abriß der Renaissancekirche führte zu Protesten der Bevölkerung; auch in der Forschung wird diese städtebauliche Maßnahme bis heute fast durchweg kritisch gesehen (eine inequivocabile antistoricità - Romanelli, Venezia Ottocento, p. 40). Auch Alvise Zorzis Urteil über die napoleonischen Neuerungen am Markusplatz fällt vernichtend aus: Es fällt schwer, die Zerstörung der sehr schönen, von Sansovino erbauten Chiesa di San Geminiano - einem wundervollen Pendant des Cinquecento zu byzantinischen Glanz des Markusdoms - gutzuheißen, nur veranlaßt, um an ihrer Stelle einen Ballsaal sowie die Prunktreppe für die Neuen Prokurazien zu errichten, die als Königliche Residenz geplant waren. Die Fassade der Ala napoleonica zur Piazza hin, plump und schwerfällig wie sie ist, bedarf ohnehin keines Kommentars (Zorzi, Österreichs Venedig, Düsseldorf 1990, p. 31). Der Sottoportego San Geminian, jener im Lageplan markierte Durchgang in der Mitte der Ala Napoleonica, von dem aus vermittels einer Prachttreppe der königliche Palast - (jetzt Museum Correr), erreicht werden kann, erinnert dem Namen nach noch an die vernichtete Kirche. Hinter der Ala wurde in der bocca de piazza der Corpo di Guardia, eine kleine klassizistische Kaserne für die königliche Garde errichtet. Der Bau wurde von Lorenzo Santi begonnen und von Alvise Pigazzi aufgestockt.

Anstelle des Kornspeichers befinden sich heute die Giardini ex Reali, im Südwesten derselben ein dorisches Kaffeehaus, ebenfalls von Lorenzo Santi.

Literatur

 

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