Santa Maria della Visitazione (Pietà)

 


Giorgio Massari: Originalentwurf zu Kirche und Hospitz von Santa Maria della Visitazione, 1736

Giorgio Massari: Originalentwurf zu Kirche und Hospitz von Santa Maria della Visitazione, 1736

Beschreibung

Das 1346 gegründete Ospedale della Pietà, das unter anderem ein Waisenhaus für Mädchen war, und das im 15. Jahrhundert angebaute Oratorium waren im 18. Jahrhundert in schlechtem baulichen Zustand, so daß 1730 der Beschluß gefaßt wurde, einen großen Neubau zu errichten, zu dessen Finanzierung ab 1733 drei Jahre lang eine Lotterie veranstaltet wurde.
1736 präsentierten sowohl Andrea Tirali als auch Giorgio Massari Entwürfe für die neue Pietà-Kirche. Mit großer Mehrheit wurde Massaris Entwurf angenommen, der hin zur Riva degli Schiavoni einen dreigeteilten Komplex nach dem Vorbild der bisweilen Palladio zugeschriebenen und von der Pietà aus sichtbaren Zitelle (Santa Maria della Presentazione) auf der Insel Giudecca vorsah: zwei vierstöckige, mit sparsamem Bauschmuck versehene und durch Kalksteinstreifen horizontal gegliederte Bauten des Ospedale, die eine aufwendig gestaltete, auf einer Tempelfront basierende und mit Kalkstein verkleidete Kirchenfassade einrahmen.
Erst 1745 wurde mit der Errichtung der Kirche begonnen. Wohl aus finanziellen Gründen wurde der rechte Teil des Ospizio nicht realisiert. Der durch schlichte Doppelpilaster gegliederte, auf ovalem Grundriß errichtete Saal ist von der Vorhalle durch drei Stufen abgesetzt und endet in einem überkuppelten Presbyterium. Die Wölbung des Saales wurde 1754 von Giovanni Battista Tiepolo mit der Aufnahme Mariens in den Himmel freskiert. Unterhalb von vier der fünf Stichkappen befinden sich Seitenaltäre. Der Hauptalter mit Statuen der Hl. Petrus und Markus sowie, zu Seiten des Tabernakels, der Erzengel Gabriel und Michael wurde durch den Nachlaß von Pietro Foscarini (†1745) finanziert 1. Die Statuen werden Giovanni Marchiori respektive Giovanni Maria Morlaiter zugeschrieben; die Autorschaft Giambattista Piazzettas für das Altarbild mit der Verkündigung ist gesichert.
1855 wurde die Kirche restauriert. Die Fassade war aus Geldmangel liegengeblieben; ihr unvollendeter Zustand ist besonders eindrucksvoll bei J.M.W. Turner, Die Riva degli Schiavoni (1840), zu erkennen. Erst 1902 wurde nach einem Aquarell von A. Seguso, von dem man glaubte, es bilde Massaris Entwurf genau ab, die Schauseite fertiggestellt. Die Diskrepanz zwischen dem erst später im Museo Correr aufgefundenen Originalentwurf und der jetzigen Fassade ist jedoch erheblich, so daß die Kritik teils harsch ausfällt: un falso, che ha cancellato totalmente l'opera del Massari 2

Antonio Vivaldi (1678-1741) war von 1703 bis 1709 maestro di violino am Pio Ospedale della Pietà. Weniger bekannt ist der sächsische Komponist Johann Rosenmüller (1619-1684), der zwischen 1678 und 1682 Hauskomponist des Ospedale war. Ein Musiksaal des Klosters ist mit Fresken von Jacopo Guarana in Quadraturen von Mengozzi Colonna dekoriert.

Anmerkungen

1 Howard, Deborah: Pietro Foscarini e l'altar maggiore della chiesa della Pietà a Venezia, in: Arte Veneta 45.1992/93, pp. 62ss
2 Massari (1971), p. 76

Literatur

Massari, Antonio: Giorgio Massari, architetto veneziano del Settecento, Vicenza 1971, pp. 70ss

 

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